Jetzt mal Tacheles: Die Antifa ist irgendwie auch nicht mehr das, was
sie mal war. Einst verkörperte sie das gute Gewissen der „Nie
wieder“-Gesellschaft, ging auf die Straße und „zeigte Gesicht gegen
rechts“. Heute hingegen sitzt sie mit dem Mac auf dem Sofa und
fantasiert sich liebevoll einen imaginären Feind herbei, der sich in der
Regel nicht durch das Tragen von Glatzen und Springerstiefeln, sondern
lediglich durch eine nicht Antifa-konforme Meinung auszeichnet. Dennoch
Grund genug für den engagierten Gegen-rechts-Kämpfer, dessen digitales
Tun aufs Schärfste zu überwachen und zuweilen umgehend zu sanktionieren.
Immer häufiger kommt es beispielsweise vor, dass so mancher
Antifaschist sich mit geradezu wissenschaftlicher Präzision den
Kontaktlisten seiner Freunde und Feinde in sozialen Netzwerken widmet.
Diese hält der Antifaschist offenbar für ein Abbild des realen Lebens,
weshalb sie mühevoll ausgekundschaftet und auf etwaige Verbindungen über
drei Ecken ins „rechtspopulistische Lager“ geprüft werden. Erzielt die
Antifa einen Treffer, so hat das für den Betroffenen geradezu
schwerwiegende Konsequenzen, denn im „Kampf gegen rechts“ ist der
Antifaschist rigoros und kennt keine Kompromisse. Entweder ich, oder die
anderen – so lautet die Devise, und wer etwaige schwarze Schafe nicht
umgehend rauswirft, dem droht Liebesentzug und öffentliche Schmähung am
digitalen Facebook-Pranger. Anschließend hat man dann ein paar Kontakte
weniger – vermutlich, weil die gut vernetzte Widerstandsfront
zwischenzeitlich flächendeckend Warnhinweise an paranoide Mit-Paniker
verschickt hat. Die können am Ende des Tages dann in dem Wissen,
couragiert „gegen rechts“ gekämpft zu haben, beruhigt schlafen.
Andere hingegen gehen da noch einen Schritt weiter und stellen den
imaginären Feind höchstpersönlich und wahnsinnig mutig, also von Ohr zu
Ohr, am Telefon zur Rede. So zum Beispiel ein 53-jähriger Blogger aus
Rügen, der mich vor ein paar Tagen anrief und mir dabei einen
ausschweifenden Vortrag über meine vermeintlichen Kontakte ins
vermeintlich rechtsextreme Lager hielt. Dort würde ich nämlich, seiner
offenbar intensiven Recherche zufolge, regelrecht „gehypt“ werden. Das
sei angeblich Fakt, denn schließlich hätte man meinen Blog mal in einem
islamkritischen Forum sowie auf einem Blog, der wiederum zum
niederländischen Politiker Geert Wilders verlinkt, empfohlen. Das war
mir zum Teil völlig neu, da ich im Gegensatz zum Rügener Hobby-Detektiv
nicht genug Zeit habe, um mich jeden Tag zehn Mal in zehn Varianten zu
googlen. Genau das hätte ich aber nun zu tun, und anschließend möge ich
mich doch bitte auch umgehend und öffentlich von derartigen Vorgängen
distanzieren. Ansonsten müsse man mich dem rechtsextremen Lager
zuordnen. Erstaunlich daran war nicht nur die Tatsache, dass die
Ansprache offensichtlich wirklich ernst gemeint war, sondern ebenfalls,
dass der couragierte Kämpfer tatsächlich lieber das World Wide Web nach
zwei Verlinkungen durchforstet, anstatt meine Texte zu lesen. Ob der
eifrige Gesinnungspolizist übrigens auch echte Probleme hat, weiß ich
nicht genau.
Nun ist Freizeitgestaltung freilich eine höchst individuelle
Angelegenheit, die jedem selbst überlassen ist. Der eine häkelt
Topflappen, der andere malt nach Zahlen, und der Nächste befasst sich
eben lieber mit Kontaktlisten und Verlinkungen anstatt mit den
dazugehörigen Meinungen und Menschen. Fast könnte man meinen, zwischen
Rügen und Garmisch-Partenkirchen würde keine einzige Glatze mehr durch
die Gegend stapfen, NPD wählen und
Paulchen-Panther-Lieder singen. Ein Blick allein auf die national
befreiten Zonen im Osten offenbart allerdings das Gegenteil. Jedoch: Wo
bleibt denn da der Widerstand?
Tja, der hockt, knapp 70 Jahre nach Ende des Dritten Reichs, sicher
hinterm warmen Ofen und übt sich mutig wie nie in Gedankenkontrolle. Und
je länger das Dritte Reich zurückliegt, desto mehr Antifaschisten gibt
es, die sich lustigerweise auch immer mehr von ihrem historischen
Vorbild entfernen. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch zum
wohlverdienten Ruhestand, liebe Antifa!
Zuerst erschienen im Rahmen der Kolumne "Neues aus Meschuggestan" auf "The European".
Gern gelesen, mit einem Mac auf einem Sofa :)
AntwortenLöschenSonst verbindet mich aber hoffentlich nichts mit den Kritisierten.
Allein die Tatsache, daß von dieser Seite fast nie mit Argumenten, dafür fast immer mit erpresserischen Verleumdungen a la "Du bist einer von den Bösen da" operiert wird, sagt schon alles über diese Klientel.
AntwortenLöschenEs sind nicht nur keine Antifa, es sind im Gegenteil gerade die Typen, die vor 70 Jahren dem Adolf hinterhergelaufen wären.
Wer heute Haß und Neid zu seinen Lieblingsdrogen zählt und damit gesellschaftlich akzeptiert, ja Mainstream sein möchte, geht nicht zu den Braunen, sondern zur Antifa.