Wann immer im Rahmen der Flüchtlingsthematik das Wörtchen
„Integration“ fällt, muss man auf das Schlimmste gefasst sein. Bislang
wissen wir zwar weder, wer genau „zu uns kommt“, noch, wie viele es
nächstes Jahr sein werden. Abhängig von der politischen Großwetterlage
fliehen vor allem die Syrer mal vor Assad, mal vor dem IS.
Es kann aber auch vorkommen, dass ein Syrer gar kein Syrer ist. Doch
woher diese Syrer mit oder ohne türkischen Passhintergrund dann wirklich
kommen, verrät nur der BAMF-eigene Kaffeesatz. Und wer erfahren will,
wie viele Analphabeten und Ärzte gerade über die Salzach spazieren, der
kann sich per Los entscheiden, ob er dem UNHCR glaubt, wonach 86% der in Europa ankommenden Syrer über Abitur oder einen Uni-Abschluss verfügen,
oder ob er doch lieber auf einen Bildungsökonomen hört, der zwei Drittel aller syrischen Schüler für funktionale Analphabeten hält.
Dafür wissen wir aber ganz genau, dass Integration einen festen Platz
auf unserer „To schaffen“-Liste hat. Darum strebt die CDU neuerdings
auch gleich die Verabschiedung von „Integrationspflichtgesetzen“ an. Ein
Agreement zwischen Staat und Migrant soll dann dafür sorgen, dass „der
Integrationsprozess für beide Seiten verpflichtend eingehalten wird“.
Denn „selbstverständlich sind nicht alle Menschen, die zu uns kommen,
von sich aus mit den Regeln unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens
vertraut, insbesondere dann, wenn sie aus Ländern oder Gegenden kommen,
die keine Rechtsstaatlichkeit kennen und in denen Diskriminierungen an
der Tagesordnung sind“.
Auf diese Weise soll eben nicht nur das Erlernen der deutschen
Sprache mitsamt Integration in den Arbeitsmarkt gefördert, sondern auch
Respekt vor Andersgläubigen, Frauen, Schwulen und Juden gefordert
werden. So steht es in der „Karlsruher Erklärung zu Terror, Sicherheit, Flucht und Integration“.
Irritierend ist nur, dass all das überhaupt notwendig ist. Heißt es
doch nur ein paar Seiten vorher, dass Deutschland nicht nur aufgrund
„unseres eindrucksvollen Niveaus an Bildung, Sozial- und Umweltschutz“,
sondern auch dank „unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ auf
Flüchtlinge so anziehend wirke. Wenn unsere Werte uns also zum Traumziel
befördern, warum muss man sie dann erklären und deren Achtung
vertraglich fixieren?
Andererseits: Vielleicht sollte man mit der CDU auch nicht allzu
streng sein. Schon öfter musste man sich fragen, warum etwa ein
Schuldirektor seine Schülerinnen vom Tragen des Minirocks abrät, nur
weil nebenan Flüchtlinge untergebracht sind, die aber doch eigentlich
„glühende Europäer“ sind, wie man erst neulich bei Maybritt Illner
erfuhr.
Je länger sich die Deutschen in einer Beziehung mit den Flüchtlingen
befinden, desto komplizierter wird es. Erst erblickten sie in jedem
Afrikaner einen Wiedergänger Anne Franks. Das war Grund genug, umgehend
die private Altkleidersammlung zum nächstgelegenen Hauptbahnhof zu
verfrachten.
Nun sind sie bemüht, jegliche Dissonanz aus ihrem Weltbild zu
verbannen. Wer auf Probleme oder schwarze Schafe hinweist, erfährt
umgehend, dass Menschen, die Krieg, tausende Kilometer Fußweg und eine
Schlauchboot-Fahrt übers Mittelmeer hinter sich haben, a priori nicht zu
Bösem fähig sein können. Ganz so, als handele es sich bei der
Balkan-Route um den Jakobsweg, bei Assads Fassbomben um einen Grundkurs
für Pazifismus und bei rauer See um eine moralische Besserungsanstalt.
Aber vielleicht können die Deutschen auch gar nicht anders, als Menschen
nicht in Abhängigkeit von ihrem Verhalten, sondern einzig aufgrund
ihrer bloßen Abstammung zu beurteilen – und sie darauf basierend
wahlweise zu ermorden oder zu glorifizieren.
Was jedenfalls die Integration angeht, von der oftmals so gesprochen
wird, als handele es sich um einen Fünfjahresplan, lässt sich niemand
beirren. Sie sei zwar eine Herausforderung, aber auch eine Chance, so
hört man. Natürlich nicht primär für die Einwandernden, sondern für
Einheimischen, denen in Sachen Integration die Hauptrolle gebührt.
Dabei ist Integration als solche denkbar einfach. Am besten
funktioniert sie, wenn sich alle gegenseitig in Ruhe lassen – der
Neonazi den Migranten genauso wie der Migrant den Kippa-Träger. Das wäre
Integration für Anfänger. Integration für Fortgeschrittene
berücksichtigt die Tatsache, dass die allermeisten Auswanderer solche
Destinationen wählen, die ihnen besonders gut gefallen. Wer sich von der
Idylle des bayerischen Voralpenlandes angezogen fühlt, wird als
Neu-Einwohner selbstverständlich darauf achten, dass die Seepromenade
sauber bleibt. Und wem die Offenheit der US-Amerikaner zusagt, wird
selbst dazu beitragen, anstatt auf das obligatorische „How are you?“
patzig „Who are you to ask me?“ zu antworten.
Nun handelt es sich auch bei den meisten Flüchtlingen um Einwanderer –
und das nicht nur hinsichtlich ihrer Aufenthaltsdauer. Der lange Weg,
der zwischen türkischem Auffanglager und deutschen Turnhallen liegt, hat
nur wenig mit der Frage über Leben und Tod und viel mit dem Streben
nach Wohlstand zu tun. Inwiefern sie von den Vorzügen des Rechtsstaats,
deutscher Pünktlichkeit, Windkraft, Mülltrennung und Goethe träumen, ist
bislang nicht bekannt.
Man weiß nur, dass sie den Weg des geringsten Widerstands gehen, der
zwangsläufig nach Deutschland führt. Sie würden vermutlich auch nach
Polen oder Estland wandern, wenn dort offene Grenzen und ein
freundliches Gesicht auf sie warteten. All das zeugt von Vernunft. Mit
dem klassischen „Good-bye-Germany“-Auswanderer, der sich schon Jahre im
Voraus obsessiv mit seiner künftigen Heimat befasst, eint den modernen
Flüchtling indes nicht viel.
Hier angekommen trifft er jedenfalls recht zügig auf gut integrierte
Politiker, die sich für einen Teil der Lösung halten. Das fängt an mit
Andrea Nahles, die nicht einmal jeden 10. Flüchtling für umgehend
arbeitsfähig hält, nur um anschließend Vermutungen, wonach das auch am
Mindestlohn liegen könnte, ins Reich des Bösen zu verbannen. Und es
endet bei Julia Klöckner, die der Ansicht ist, eine Unterschrift und
eine minimale Leistungskürzung könnten beispielsweise einen manifesten
Israel-Kritiker zur Einsicht bewegen.
Mit Anreizen, die das Erlernen der deutschen Sprache wirklich
erstrebenswert erscheinen lassen, halten sich beide hingegen vornehm
zurück. Wer als Migrant derweil die Website des BAMF besucht, erfährt in
der Sektion „Willkommen in Deutschland“ alles, was er über Wohngeld,
Kindergeld, Elterngeld, Sozialhilfe und weitere Zuschüsse wissen muss.
Dazu muss er übrigens kein Deutsch können. Und damit das auch so bleibt,
unterlegt das ZDF die hauseigene Kinder-Nachrichtensendung „Logo“ nun mit arabischen Untertiteln. Denn schließlich sollen auch die
Kleinsten wissen, dass Sprache zwar ein „nice to have“, aber kein „must
have“ ist.
Und so endet Integration dort, wo alles im Spätsommer diesen Jahres
so richtig begann: Bei den professionellen Teddy-Weitwurf-Sportlern, die
sich schon am Münchner Hauptbahnhof hervorgetan haben. Höchstens ein
Viertel von ihnen widmet sich heute den Dingen, die man eben als
Flüchtlingshelfer so macht: Alphabetisierungskurse, Deutschkurse, nach
Winterjacken suchen, Seepferdchen-Kurse, Wandern und weitere
Freizeitaktivitäten, die unabdingbar sind, sofern man die ortseigene
Turnhalle nicht zu einem Hort von aus Langeweile gespeister Aggression
verkommen lassen will. Der überwältigende Rest besteht aus Pragmatismus
sowie biodeutschen Rentnerinnen und Hausfrauen, die für gewöhnlich kein
„Refugees Welcome“-T-Shirt tragen und sich eher selten auf attac-Demos
zeigen. Menschen also, die in der offiziellen Version des Sommermärchens
nicht vorkommen.
Ihnen obliegt es vom ersten Tag an, den „Integrationsturbo
anzuwerfen“, wie Claudia Roth so schön sagt. Freilich nicht immer ohne
kulturelle Dissonanzen. Da ist zum Beispiel die Flüchtlingshelferin, die
einer Syrerin gerne einen Besuch beim Friseur spendieren möchte, dafür
aber nun nach einem halal-Friseur Ausschau hält, wo Frauen und Männer
getrennt frisiert werden. Oder die andere Flüchtlingshelferin, die mit
ihrem Freund in einer Unterkunft aktiv ist und nun auf Facebook
berichtet, dass ihr ein „total freundlicher“ Flüchtling den Handschlag
verweigert hätte, ihrem Freund aber nicht. Und zwar mit der Begründung,
er hätte sich gerade für das Gebet gereinigt und dürfe nun keine Frauen
mehr berühren. Zwar artikuliert sie ihm gegenüber ihr Unbehagen, aber immerhin habe sich der gute Mann ja auch dafür entschuldigt.
Woraufhin die restlichen Flüchtlingshelfer sich wahlweise über die
der Erzählung innewohnende westliche Arroganz empören, das Verhalten des
Mannes zum „Salz in der Suppe“ im multikulturellen Miteinander
erklären, darin ein „Zeichen des Respekts“ gegenüber Frauen ausmachen,
religiöse Toleranz fordern oder darauf hinweisen, dass Händeschütteln
ohnehin „Keimübertragung schlechthin“ sei.
Dass es sich beim verweigerten Handschlag ebenso wie bei der
Notwendigkeit eines Halal-Coiffeurs auch um ein eher ausbaufähiges
Frauenbild halten könnte, gilt freilich als ausgeschlossen. Denn in
Deutschland gibt es zwar eine Linke, die gegen den verheerenden Einfluss
rosafarbener Spielsachen auf unschuldige Mädchenseelen kämpft. Wegen
Sexismus, Rollenbildern und Gender. Aber dass es auch das Frauenbild
junger Männer prägen könnte, in Gesellschaften aufgewachsen zu sein, in
denen die Verteidigung der weiblichen Ehre unter allen Umständen
erwünscht ist, hat sich von Kabul aus offenbar noch nicht bis nach
Karlsruhe herumgesprochen. Insofern ist es nur konsequent, dass
beispielsweise die „Aufschrei“-verdächtige Süddeutsche Zeitung neulich
nicht etwa über das Frauenbild muslimischer Männer berichtete, sondern
über die Vorurteile, die Deutsche gegenüber muslimischen Männern so
hegen.
Doch zurück in die Flüchtlingsunterkunft: Was also tun in solchen
Situationen? Die Männer auf ihre Unterschrift unter der
Integrationsvereinbarung hinweisen und notfalls bei Julia Klöckner
Beschwerde einreichen? Ihnen das Grundgesetz im Minirock vortanzen? Oder
lieber gleich die Frau zum Haram-Friseur entführen? Die Antwort liegt
freilich nahe: Ignorieren. Entweder, weil gemäß deutscher
Teddy-Philosophie nicht sein kann, was nicht sein darf. Oder aber, weil
daheim ein Berg Wäsche plus Enkelkind warten und man folglich nicht
immer über die Nerven verfügt, die Gleichberechtigung der Geschlechter
in mäßigem Englisch wieder neu zu verhandeln.
„Flüchtlinge brauchen eine ausgestreckte Hand. Flüchtlinge brauchen
aber auch eine Hand, die ihnen den Weg weist, wie unser Zusammenleben
funktioniert.“ Diesen wohlklingenden Satz findet man ebenfalls im
Leitantrag der CDU. Vielleicht würden jedoch weniger falsche Anreize und
noch viel weniger Hände, die Hilfe mit Eigentherapie verwechseln, auch
schon helfen? Eine der vielen Fragen, mit deren Klärung sich dann wohl
die Historiker-Riege des nächsten Jahrhunderts beschäftigen dürfte.
Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.
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asdsfd
AntwortenLöschenDas Thema Integration ist definitiv komplex und regt zum Nachdenken an. Wer sich jedoch mit akademischen Arbeiten beschäftigt und Unterstützung benötigt, könnte ein masterarbeit ghostwriter eine hilfreiche Lösung sein. Ein professioneller Ghostwriter für die Masterarbeit hilft, das Thema strukturiert zu bearbeiten, die Recherche zu vertiefen und die Arbeit effektiv zu verfassen.
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