Nicht ohne meinen Jammerlappen!

Uli Hoeneß hat seine Strafe abgesessen und zwischenzeitlich 30 Millionen Euro an das Finanzamt Miesbach überwiesen. Nun möchte er gern wieder bei Bayern München weitermachen, wo nicht Quoten und staatliche Besserwisserei, sondern Freiwilligkeit und Abstimmungen über Posten entscheiden. Und das ist natürlich ein ausgemachter Skandal - zumindest, wenn es nach deutschen Maßstäben geht. Dass er "den Staat bestohlen hat" und damit keine Kindergärten, Schulen und Straßen gebaut werden konnten, wie damals eine ARD-Volkswirtin mit Kommentar-Diplom erklärte, werden ihm die Deutschen wohl nie verzeihen. Dass Schulen, Kindergärten und Straßen immer erst dann eine Rolle spielen, sobald Gelder in der Schweiz oder in Panama liegen, nie aber bei Steuerüberschüssen zur Sprache kommen, tut dem keinen Abbruch.

Höchste Zeit, dass Steuerhinterziehung zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit befördert wird. Ohnehin sollte man sie mit Haft nicht unter "lebenslänglich in Sibirien" ahnden. Denn schließlich zählen nicht Strafe und Sühne. Schlimmer ist der Schaden, den Verräter wie Hoeneß der Volksseele zufügen, indem sie ihr Leben erfolgreich in die Hand nehmen, anstatt auf "die Gesellschaft" zu warten oder nach "der Politik" zu rufen. Damit ist eine rote Linie überschritten.

Auch in diesem Fall gilt übrigens die gute alte Bauernregel: Am Jammerlappen sollt ihr sie erkennen. Diejenigen, die den Weg in die Knechtschaft nicht durch Zwang, sondern freiwillig und hoch motiviert beschreiten. "Occupy Wallstreet"-Linke, die "den Kapitalismus" für Burnout-Syndrom, Ellbogen und sonstige Albträume verantwortlich machen, wenn sie nicht gerade gegen Chlorhühner und Monsanto kämpfen. Rechte, die auf Erlösung durch Putin warten und sich bitterlich über "die Amis" beklagen, die Wohlstand und ähnlichen Seuchen vorbeibrachten, nachdem sie Opa einst vom fröhlichen Weitermorden abhielten. Islamisten, die auf die Barrikaden gehen, sobald jemand einen lustigen Mohammed malt. Linke, Rechte und Islamisten, denen nichts mehr als die Befreiung Palästinas am Herzen liegt, da der Judenstaat ihnen tagtäglich demonstriert, wie weit man ohne Jammerlappen kommt. Und eben besorgte Bürger aus allen Lagern, die eher für gleich verteilte Armut als für ungleich verteilten Reichtum sind, weil das besser für die eigene Seelenhygiene ist.

Lustige Zeitgenossen also, die sich eifrig in der Rolle des Opfers der Geschichte einrichten. Solange ihnen nur jemand staatlich organisierte "Gerechtigkeit" verspricht, geben sie gerne ihre Eigenverantwortung an der Garderobe ab. Geeint sägen sie munter am nunmehr dünnen Ästchen namens Freiheit, das ihnen Wohlstand garantiert - und ihnen die freie Ausübung ihres Jammerlappen-Amts überhaupt erst ermöglicht. Aber der Lauf der Dinge hatte eben schon immer eine Portion Ironie im Gepäck.


Nicht ohne mein Jammer-Plakat
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Das "SpOn" Karriereportal erklärt: So macht Geschlechterapartheid Spaß


An dieser Stelle eine gesellschaftlich relevante Preisfrage: Wie nennt man das eigentlich, wenn ein Moslem einer Frau nicht die Hand gibt, weil sie eine Frau ist? Antifeministisch? Chauvinistisch? Sexistisch? Ausdruck von gelebter Geschlechterapartheid? Alles falsch. Die richtige Antwort lautet: „zum Teil Geschmackssache“. Zumindest lautet sie so, wenn man in demjenigen Paralleluniversum unterwegs ist, das auch dem „Karriere SPIEGEL“ von Spiegel Online Unterschlupf bietet. Dort widmet man sich nämlich heute exakt dieser Frage, die jedoch einer „differenzierte Auseinandersetzung“ bedarf.
Darum wurde extra ein Islamwissenschaftler befragt, demzufolge „Muslime in der Regel keine frauenfeindlichen Absichten haben, wenn sie bei der Begrüßung Körperkontakt vermeiden“. Vielmehr „möchte man Angehörigen des anderen Geschlechts keine Berührung aufdrängen, die er oder sie als unangenehm empfinden könnte“, erklärt er. Klingt sogar einleuchtend. Und weil man Angehörigen des weiblichen Geschlechts keine Blicke aufdrängen will, die sie als unangenehm empfinden könnten, steckt man sie einfach in eine Burka. So sieht gelebte Rücksichtnahme aus.

Es kommt allerdings noch besser: Frauen werden durch den verweigerten Händedruck keineswegs benachteiligt, sondern sind sogar „im Vorteil“. Schließlich bleiben ihnen auf diese Weise diverse Krankheitserreger erspart. Ziemlich klasse also, diese „nicht frauenfeindliche“ Herangehensweise. Da können alte weiße Männer, die allen und jedem ihre bakteriell belasteten Pfoten aufdrängen wollen, wirklich noch was dazulernen. Wahre Gentlemen lassen sowas künftig sein.

Darüber hinaus, so erläutert das Karriereportal, sei ein verweigerter Händedruck noch lange kein Kündigungsgrund. Sollte diese neue Form des Gentlemanismus allerdings doch mal die ein oder andere Kundin irritieren, so hilft es, sie darüber zu informieren, „dass das multikulturelle Beraterteam zwar verschiedene Begrüßungsformen praktiziert, aber dass alle Kunden dennoch gleichermaßen respektvoll behandelt werden“. Schließlich sei etwa in Japan auch die Verbeugung üblich, in Frankreich wiederum dreifache bisous. Schade ist nur, dass SpOn nicht erklärt, inwiefern die japanische Kultur und das französische „savoir vivre“ so sauber zwischen Frauen (verstanden als Sünde, daher ungleichberechtigt) und Männern (verstanden als triebgesteuerte Wesen) trennen, wie der konservative Islam es für gewöhnlich tut. Woran liegt es, dass  beispielsweise Iranerinnen noch wesentlich gravierendere Probleme als den Händedruck haben, Französinnen aber nicht? Egal. Auf derlei Kleinigkeiten kommt es nicht an, wenn der Händedruck mit Apartheid-Hintergrund in die heiligen Sphären der kulturellen Vielfalt befördert wird.
Das einzige Manko dieses in der Tat sehr informativen Artikels besteht darin, dass die Redaktion vergessen hat, zusätzlich noch das Team „Feminismus Fuck Yeah“ (auch bekannt aus dem Grimme-prämierten Twitterstreifen „#aufschrei“) zu befragen. Das sind diejenigen Feministinnen, die es ihren Vorgängerinnen übelnehmen, das Wesentliche (nämlich Gleichstellung vor dem Gesetz) erreicht zu haben. Darum kümmern sie sich heute nicht um gleiche Rechte in anderen Teilen der Erde, sondern um Sonderrechte und quotierte Ergebnisgleichheit in und um Berlin. Und wenn sie damit fertig sind, verarbeiten sie auf Twitter ihr Trauma, das sie sich im Umkreis einer Baustelle oder beim „mansplaining“ an der Bar zugezogen haben. Frau muss schließlich Prioritäten setzen.

Darüber hinaus wissen Expertinnen wie Anne Wizorek und ihre Freundinnen aus der #ausnahmslos-Liga auch ganz genau, wo man angewandten Sexismus antrifft: häufig mit Rainer Brüderle an der Bar sowie auf dem Oktoberfest, jedoch vergleichsweise selten auf der Kölner Domplatte, in Saudiarabien und im Iran. Daher könnten die Femininjas von heute dem geneigten Karriere-Interessenten sicherlich ganz genau erklären, warum so ein verweigerter Händedruck nicht etwa sexistisch, sondern vielmehr eine Errungenschaft des „Islamischen Feminismus“ ist. Mein Bauch gehört mir, meine Hand auch.

Aber vielleicht wird das Karriereportal diese O-Ton-Lücke ja beim nächsten Ratgeber über interkulturelle Kompetenzen schließen. Bei der Gelegenheit könnte auch eine andere Frage geklärt werden: Wie nennt man das, wenn ein weißer Mann mit „White Supremacy“-Hintergrund einem Moslem nicht die Hand gibt, nur weil dieser ein Moslem ist? Rassistisch? Aber nein. „Zum Teil Geschmackssache“ natürlich, wenn nicht gar islamophil, weil Muslime dadurch gesundheitliche Vorteile haben. Zumindest, wenn man der Logik von Spiegel Online folgt.

 
Das feministische Original. Nicht mit dem Feminismus von heute zu verwechseln.
 
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Auf in den totalen Frieden

Die Bestürzung war groß, als im Januar 2015 mehrere Terroristen erst ein Blutbad in der Pariser „Charlie Hebdo“ Redaktion veranstalteten, nur um anschließend noch vier Menschen in einem jüdischen Supermarkt zu ermorden. Große Krokodiltränen kullerten aber auch, als der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu einige Tage später Frankreichs Juden anbot, nach Israel auszuwandern. Dass französische Juden nicht zum ersten Mal blutdürstigen Islamisten zum Opfer fielen, ist zwar nicht schön. Aber wenn ein israelischer Staatschef eine effektive Alternative zum mitunter tödlichen Antisemitismus bietet, ist die rote Linie definitiv überschritten. Besonders von Deutschland aus betrachtet, wo man bräsiges Nichtstun öfter mal mit Besonnenheit verwechselt, kann so viel Pragmatismus nur irritieren. Ein Land, dessen Justizminister nach einem islamistisch motivierten Blutbad eiligst eine Moschee besucht, versteht da keinen Spaß.

Seither hat sich viel getan. Die Bundesrepublik nahm über eine Million Flüchtlinge und Migranten aus aller Welt auf. Der „Islamische Staat“ erweiterte derweil sein Einsatzgebiet bis nach Europa. Nun waren nicht nur Juden und islamskeptische Karikaturisten – Minderheiten also, die eh niemand lieb hat – an der Reihe. Auch Konzertbesucher, Betrachter eines Feuerwerks in Nizza, Flugreisende in Brüssel und Zugfahrer in Würzburg fielen dem Terror zum Opfer. Diejenigen, die vor über eineinhalb Jahren noch „Charlie“ waren, sind heute gegen „hatespeech“. Und statt über die Maut wird aktuell über die Gefahren im Straßenverkehr und im Fischrestaurant philosophiert. Zwar ist bislang nicht bekannt, dass sich Fischgräten organisieren würden, um gezielt Menschen im Namen eines großen Gottes umzubringen. Aber vielleicht weiß der „Allgemeine Deutsche Geisterfahrer Club“ dahingehend mehr.

Der Terror erreicht Deutschland, die Schönfärber bleiben standhaft

Dass der islamistische Terror binnen eineinhalb Jahren ebenso in die deutsche Komfortzone eingedrungen ist, dürfte jedenfalls schwer zu bestreiten sein. Doch an der Fähigkeit, ihn schön zu reden, hat sich auch nach den ersten Erfolgen des IS auf deutschem Boden nichts geändert. Die deutsche Intelligentsia bewegt sich diesbezüglich konstant auf hohem Niveau – Terrorwarnung hin, Pilzgerichte her. Der Rat zu mehr „mürrischer Indifferenz“ beispielsweise steht nach wie vor hoch im Kurs. Denn das Schöne an derlei Lösungen ist, dass sie elegant klingen und nichts kosten. Problematisch werden sie hingegen dann, sobald auch Innenminister Thomas de Maizière sie adaptiert. „Wachsam“ müsse man sein, riet er nach dem Bombenattentat in Ansbach. Ansonsten solle man jedoch keinesfalls damit aufhören, so weiterzuleben wie gehabt.

Daneben ist landauf landab zu hören, das Verbreiten von Angst sowie ein erhöhtes Misstrauen gegenüber Muslimen sei das Ziel der Islamisten. Vor allem um die Spaltung gehe es ihnen. Darum dürfe man ihnen nicht den Gefallen tun, nun angstbeladen das Auto statt die U-Bahn zu nehmen und angesichts arabisch aussehender Rucksackträger in Panik zu verfallen. Falls doch, so würde man dem IS in die Hände spielen. Und das wäre fast so schlimm wie Wasser auf die Mühlen von AfD und PEGIDA.

So gänzlich überzeugend klingt diese Logik allerdings nicht. Denn in erster Linie spielen dem IS sicherlich nicht biodeutsche Angsthasen in die Hände, sondern Fanatiker, die sich mit ihm solidarisieren und in seinem Namen wahllos durch die Gegend morden. Mag sein, dass dem IS ein allgemeines Misstrauen bis hin zum Bürgerkrieg zwischen Muslimen und „Ungläubigen“ zupass käme. Aber man muss schon einen Aluhut der Größe XXL tragen, um zu glauben, der IS sei nur deshalb angetreten, um Alexander Gauland (AfD) ins Kanzleramt zu hieven.

Immer schön den dritten Schritt vor dem ersten gehen

Überhaupt stellt sich die Frage, inwiefern es wirklich der drohende Generalverdacht gegenüber Flüchtlingen und Muslimen ist, der deutschen Politikern mitsamt der talkenden Klasse den Schlaf raubt. Vielleicht treibt sie auch vielmehr ein wachsender Generalverdacht gegenüber einer Politik um, der man pauschal unterstellt, nicht wachsam genug zwischen Terrorist und Flüchtling unterscheiden zu können. So gänzlich undenkbar wäre das ja nicht. Vor allem nicht in Anbetracht der Tatsache, dass man nun in München über ein Rucksackverbot zur Wiesn und in Berlin über ein Neun-Punkte-Programm nachdenkt, während der Attentäter von Ansbach über ausreichend Privatsphäre verfügte, um sein Einzelzimmer in einer staatlich finanzierten Unterkunft zu einer Bombenbastel-Werkstatt umzufunktionieren. Aber das ist freilich nur ein Verdacht, der noch sorgfältig geprüft werden muss, bevor man ihn zur Tatsache befördert.

Denn wenn man den Verantwortlichen vom Bodensee bis zur Nordsee eines nicht unterstellen kann, dann ist es Untätigkeit. Wann immer es irgendwo knallt, gehen sie einen Schritt vorwärts. Nur handelt es sich dabei eher selten um den ersten, sondern um den dritten, fünften oder zwölften Schritt. Inbrünstig warnen sie vor „Scharfmachern“ vom rechten Rand, denen nur am Schüren von Ängsten gelegen sei. Terroristen selbst haben mit Angst und Schrecken bekanntlich weniger zu schaffen. Parallel warnen sie mit Leidenschaft vor grassierender Islamophobie, sobald sich ein Jüngling im Namen Allahs in die Luft sprengt. Eine neuerliche Kampagne gegen Rassismus verrät hingegen alles, was man über den Umgang mit gewaltbereiten Islamisten wissen muss.

Statt mit einer soliden Antiterror-Strategie dafür zu sorgen, dass jegliches Misstrauen gegenüber syrischen Rucksackbesitzern automatisch überflüssig wird, raten sie zu mehr Gelassenheit und Mut, wenn in der U-Bahn Koranverse rezitiert werden. Und statt dem rechten Rand auf diese Weise das Thema und damit die Erfolge wegzunehmen, betätigt man sich erfolgreich als dessen bester Wahlkämpfer.

Deutschland bekämpft nicht die Ursachen, sondern lieber die Symptome

Wenn also die Kanzlerin angesichts der Anschläge von Würzburg und Ansbach unter anderem feststellt, die Attentäter hätten das Land, die Helfer und alle anderen Flüchtlinge „verhöhnt“, dann verursacht sie damit keineswegs einen rhetorischen Unfall. Vielmehr folgt sie dem Prinzip, wonach nicht Tote, Verletzte, das Risiko einer Wiederholung und somit das eigentliche Problem, sondern die urdeutschen Kettenreaktionen in den Mittelpunkt gehören. Dass der IS die Willkommenskultur verhöhnt hat, werden wir ihm wohl nie verzeihen. Schwer Verletzte mutieren daneben zu einem bedauerlichen Kollateralschaden, den wir ihm vergleichsweise weniger übelnehmen.

Insofern ist es freilich nachvollziehbar, dass der ein oder andere Amtsinhaber ein wenig sensibel reagiert, sobald ein Regierungschef wie Netanyahu die  Bühne betritt. Denn der hat nicht nur mehr Ahnung hinsichtlich des Problems, sondern auch eine vergleichsweise effiziente Lösung im Gepäck. Dinge also, die in Deutschland gänzlich fehlen. Dort kennt man sich dafür aber glänzend mit den Schachzügen aus, die dem IS vermeintlich nutzen. Und das sind gemäß deutscher Betrachtung ungefähr alle Optionen, die im Kampf gegen den Terror denkbar wären. Racial Profiling wie in Israel? Das treibt dem IS garantiert „alle Muslime“ in die Hände. Eine bessere Kooperation der Geheimdienste? Bloß nicht, der IS ist doch nur deshalb angetreten, damit der Westen seine Freiheiten einschränkt. Eine militärische Intervention? Grundgütiger! Nichts könnte ihm mehr schaden als eine Ausweitung seines Gebiets und munteres Weiterköpfen im Namen Allahs.

„Boots on the ground“ helfen nicht nur gegen Terror, sondern auch gegen Fluchtursachen

Dabei gibt es aber auch etwas, das dem IS wesentlich mehr in die Hände spielt: nämlich ein Gegner, der gar nichts unternimmt und besonnen auf den nächsten Anschlag wartet. Im englischsprachigen Raum kursiert etwa die Ansicht, dass der IS sich zwar durchaus eine militärische Intervention wünscht. Aber nur, weil er daran glaubt, dass sich in den letzten Zügen des Gefechts die globale Apokalypse ereignen würde, auf die er seit seinem Bestehen hinarbeitet. Folglich wird er das Bomben und Morden im Westen solange nicht sein lassen, bis sich ein militärisches Bündnis endlich seiner erbarmt und mal in Syrien und im Irak vorbeischaut.

Nun muss man die IS-Satzung ja nicht wörtlich nehmen. Dass es aber mit Anschlägen recht schnell vorbei wäre, sobald ein breites NATO-Bündnis den „Islamischen Staat“ in einen Parkplatz verwandeln würde, ist nicht völlig undenkbar. Die Bereitschaft, sich nur noch für ein islamisches Zehn-Seelen-Dorf in die Luft zu sprengen, dürfte jedenfalls vergleichsweise gering sein. Und wenn die Truppen schon mal da sind, könnten sie sich auch gleich um die Beseitigung der Fluchtursachen kümmern. Die sind zwar weniger im „Islamischen Staat“ angesiedelt, sondern tragen vielmehr den Namen Bashar al-Assad. Aber eine grundsätzlich schlechte Idee wäre das jedenfalls nicht.

Allerdings würde das auch bedeuten, von der liebgewonnenen Gewohnheit Abschied zu nehmen, die Drecksarbeit anderen zu überlassen. Der Westen müsste den Spielplatz für sich einnehmen, den aktuell der Iran, Vladimir Putin und das Assad-Regime unter sich aufteilen – also über eine langfristige Lösung nachdenken. Bei der Gelegenheit würde ihm vielleicht sogar auffallen, dass Putin nicht der „mäßigende“ Faktor ist, für den man ihn im deutschen Außenministerium für gewöhnlich hält. Dass er keinesfalls den IS, sondern die verbliebene, halbwegs moderate Opposition schwächt, um damit seinem Buddy Assad unter die Arme zu greifen. Und dass beide somit mit einigem Erfolg daran arbeiten, sowohl die Fluchtursachen zu zementieren, als auch das Business des IS florieren zu lassen.

Auf in den totalen Frieden – gerne auch mit autoritären Lösungen, vor denen heute noch gewarnt wird

Aber so weit wird es freilich nicht kommen. Denn nicht nur in den Reihen der Linkspartei hat sich mittlerweile herum gesprochen, dass Waffenexporte und kriegslüsterne Amerikaner die wahren Fluchtursachen darstellen. Daneben besteht die Hoffnung, die Jungs aus Raqqa würden schon Ruhe geben, wenn man sie nicht unnötig mit Tornados oder gar Bodentruppen provoziert. Ohnehin soll von deutschem Boden nie wieder Krieg, sondern nur noch totaler Frieden ausgehen. Niemand hat die Absicht, die Ursachen von Terror und Flucht zu beheben.

Lieber wartet man mutig und tiefentspannt ab, bis zwei Leichenberge später auch in Deutschland das geschieht, wovor jetzt noch vollmundig gewarnt wird: nämlich die vollständige Polarisierung, in deren Folge vollends autoritäre Gruselgestalten die Bevölkerung auf den Weg in die Knechtschaft verweisen. Dort verlässt man sich dann auf Trump’sche Einreiseverbote für Muslime, einen nationalen Sozialismus nach Art von Marine Le Pen, Kreml-Treue im Allgemeinen, Isolationismus im Besonderen. Lauter hübsche Dinge also, die langfristig ebenso wenig gegen den Terror helfen, dafür allerdings mit wesentlich mehr Freiheit bezahlt werden. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

Mag sein, dass selbst in diesem Fall ein sonniges Gemüt weiterhilft. Ein großzügiger Sicherheitsabstand zum Spielfeld wäre dann aber sicherlich auch nicht übel.


Zuerst auf der Achse des Guten erschienen.

Besser als Besonnenheit: USS America LHA-6
(Foto: J. N. Pyka)

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