Von Eliten und Eliten-Kritikern, die gerne Elite wären

Was an der allgegenwärtig stattfindenden "Hurra, die linke Elite ist am Ende!"-Party ein wenig nervt: der Umstand, dass viele der geladenen Gäste nichts gegen Bevormundung haben, solange nur sie selbst es sind, die am Ende bevormunden dürfen. Die AfD beispielsweise hat schon länger der "Frühsexualisierung" an Schulen den Krieg erklärt. Anstatt sich aber gegen jegliche schulische Einmischung ins Private zu wenden, schlägt die Sektion Sachsen-Anhalt nun die Einführung eines "Familienkunde"-Unterrichts vor, in dem "alle sozialen, biologischen, medizinischen und politischen Fragen des Ehelebens" behandelt werden sollen. 

Parallel dazu ist die gleiche Klientel ganz aus dem Häuschen, nachdem "Breitbart" nun auch in Richtung Deutschland expandiert, um auf diese Weise die AfD zu unterstützten. Letzteres ist natürlich völlig legitim, Meinungsfreiheit gilt entweder für alle oder gar nicht. Komödiantisch wird es nur, wenn ein eindeutig parteiisches Organ wie Breitbart von genau denjenigen bejubelt wird, die sonst (teilweise nicht ganz zu Unrecht) die Vermischung von Nachricht und Kommentar bemängeln und so tun, als würden sie sich neutralen Journalismus wünschen. Tatsächlich wollen sie halt lieber nur das lesen, was sie selbst schon glauben. 

Bei alledem grenzt es sicherlich bloß an Zufall, dass das gemeinsame Idol - president-elect Donald Trump - sich erst im Wahlkampf gegen politische Korrektheit und für klare Worte ohne Grenzen aussprach, nur um sich wenige Tage nach der Wahl darüber zu beschweren, dass ein paar Anti-Trump-Demonstranten ebenso von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machten. Letzteres fand der mächtigste Mann der Welt dann "very unfair".

Seine Fans haben vermutlich wenig gegen Eliten oder Dinge wie "kulturelle Hegemonie". Sie wollen einfach nur selbst Elite sein, Deutungshoheit beanspruchen, den Nanny-Staat okkupieren und anderen erklären, wie sie zu leben haben. Auch das ist völlig legitim, solange es eben die dazugehörigen Möglichkeiten und Plätzchen an der Sonne gibt, um die sich die safe-spacige Absolventin der Gender Studies und der Experte für traditionelle Ehe gerade streiten. Aber es wäre mindestens serviceorientiert, wenn man die Rollentausch-Party nicht immer als liberale Revolution verkaufen würde. Nicht, dass hinterher noch die falschen Gäste vorbeikommen und den Frieden stören, während diejenigen, die eigentlich eingeladen sind, daheim bleiben. Auch ein Kulturk(r)ampf muss ordentlich organisiert sein.

2 Kommentare:

  1. Sie sehen sich sicherlich nicht als neue Elite, sondern als "das Volk". Und leiten dadurch das Recht ab zu bestimmen, wo und wie es langzugehen habe.

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  2. Jedwede Elite, die es lediglich mit sich selbst respektive nicht bei der ihr zugedachten, ja zuagierten Kritik aushält, befindet sich immer schon am Ende vor dem Ende. Und mit ihr ein in summa bewußt bewußtlos selbstreferentielles Volk.

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