Israelkritik on fire

Es muss wohl an dem Stress liegen, den das Entzünden einer zweiten Adventskerze so mit sich bringt, dass sich führende Politiker erst am Montag und damit drei Tage später zum fröhlichen Flaggen Verbrennen mitsamt antisemitischer Sprechchöre am Brandenburger Tor zu Wort melden. Von Sigmar Gabriel war dann beispielsweise zu hören, dass es "bei aller verständlichen Kritik an der Jerusalem-Entscheidung der USA keinerlei Rechtfertigung [gibt], israelische Fahnen zu verbrennen". Außerdem hat sich der Außenminister überlegt, es künftig nicht zuzulassen, dass "die gewaltbereiten Konflikte aus anderen Ländern nach Deutschland transportiert und hier ausgetragen werden". Das klingt ungefähr so, als hätten sich entzürnte Juden und aufbrausende Araber übers Wochenende am Brandenburger Tor getroffen, um dort die Jerusalem-Frage mit Fäusten und Pflastersteinen zu klären. Aber vielleicht hat Sigmar Gabriel, dessen Job es ist, durch die Welt zu tingeln und überall "beide Seiten zur Deeskalation" aufzurufen, auch einfach den Überblick verloren. Oder zu viel Zeit mit Freunden des Mullah-Regimes verbracht, die sich in Deutschland um den Al-Quds-Tag kümmern.

Da ist es jedenfalls gut, dass Jakob Augstein vom deutschen Fachmagazin für nahöstliche Gewaltspiralen auf Twitter korrigierend eingreift. "Bei aller Empörung – das Verbrennen ausländischer Fahnen ist nicht grundsätzlich verboten", weist Augstein den Außenminister zurecht. "Mal einen Blick ins StGB werfen, §104", lautet seine Empfehlung, so von Israelkritiker zu Israelkritiker.


Wie es sich mit der Verbrennung von Israel-Flaggen im juristischen Sinne verhält, hat dabei glücklicherweise schon die Online-Ausgabe der Tagesschau eruiert. "Anti-Israel-Proteste: Ist es strafbar, Flaggen zu verbrennen?" lautet die Überschrift, unter der die ARD-Rechtsredaktion diejenige Frage klärt, die die Deutschen dieser Tage wirklich bewegt. Und nein, so das Fazit, strafbar ist das alles nicht. Ein Glück. Nicht mal der Volksverhetzung macht sich der pyromanisch veranlagte Israelkritiker verdächtig, denn schließlich gilt: "Wer sich also durch das Verbrennen einer Flagge (nur) gegen den Staat Israel wendet, aber nicht gegen "die Juden" in Deutschland, der begeht keine Volksverhetzung." Kommando zurück, alles im grünen Bereich. Dass es sehr wohl möglich ist, das Verbrennen von Israel-Flaggen per Auflage zu untersagen, mehr noch, Verstöße dagegen zu ahnden, scheint dem ARD-Jura-Experten dabei irgendwie entgangen zu sein. Vermutlich, weil er schon an seinem nächsten Ratgeber arbeitet: "Khaybar, Khaybar, Ya Yahud! Jaish Muhammad Sawfa Ya'ud! - Ist es strafbar, auf das Gefecht von Chaibar zu verweisen, in dessen Rahmen massenhaft Juden massakriert wurden?"

Aber sei's drum. Auf die ARD können sich Freunde des brennenden Davidsterns wenigstens verlassen. Der rechte Text zur richtigen Zeit. Immerhin findet am morgigen Dienstag in Berlin schon die nächste "pro-palästinensische" Demonstration statt - praktischerweise genau an dem Tag, an dem auch am Brandenburger Tor später am Abend die erste Chanukka-Kerze angezündet werden soll. Doch das macht nichts. Denn bekanntlich geht es nur um eine amerikanische Botschaft, höchstens mal um "Konflikte aus dem Ausland", aber freilich nicht um Antisemitismus.

"Propalästinensische" Demonstranten bei der Arbeit (München, Juli 2014) - by J. N. Pyka

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