Bayern macht’s vor: Saufen und Schunkeln im Dienste der Integration.

Wir leben in einer Zeit tiefgreifender historischer Umbrüche. Es brodelt nicht nur in Ägypten, in der Regierung oder gar in Dioxin-verseuchten Hühnerställen, sondern neuerdings auch im Himmel der Bayern. Vorbei sind die Zeiten der bayerischen Gemütlichkeit, die nicht nur in bierseliger Ekstase und urtümlicher Wirtshauskultur wurzelte, sondern gleichsam den goldenen Hopfensaft als identitätsstiftendes Merkmal begriff. Denn das Jahr 2011 beginnt mit einer beängstigenden Hiobsbotschaft: Die Einwohner Bayerns konsumieren weniger Bier! Galt der Freistaat über Jahrhunderte hinweg noch als Multi-Kulti-resistente Bastion der Religiösität, so droht er nun zu einem Sammelbecken Mineralwasser-trinkender Apologeten zu verkommen. Und das in einem Land, welches überwiegend von gestandene Mannsbildern bevölkert wird, die laut Beckstein’scher Lehre nach zwei Maß Bier noch Auto fahren können.

Selbst mein bayerisches Herz blutet. Wohin wird meine Heimat steuern, sobald die kühle Maß im Biergarten rücksichtslos durch handverlesenen Darjeeling in japanischen Teehäusern ersetzt wird? Und wie soll man bloß das größte Volksfest der Welt unbeschadet überstehen, ohne dabei selbst gehörig einen sitzen zu haben? Derlei Fragen rauben nicht nur mir den Schlaf, sondern auch den Mitgliedern des Bayerischen Brauerbunds – denn schließlich steht nichts anderes als der „Olymp des kulinarischen Erbes Europas“ auf dem Spiel! Was für ein Glück also, dass der Verbandspräsident der besagten Trink- und Schießgesellschaft den Verantwortlichen für die akut grassierende Bierkrise schleunigst identifizieren konnte. Dieser wurde freilich zugleich in einer „Rede zur Lage der Bier-trinkenden Nation“ öffentlich an den Pranger gestellt. Michael Weiß (Verbandspräsident) zufolge sind ausnahmsweise weder Wirtschaft, EU oder der Islam an sich schuld, sondern die Migranten! Erschreckenderweise wurde nun auch der Freistaat von der heimtückischen Spezies des „demographischen Wandels“ heimgesucht. Laut aktueller Zahlen wird der Weißwurstäquator mittlerweile in zunehmenden Maße von feindlich gesinnten Einwandern überquert, die der heimischen Trinkkultur nur wenig abgewinnen können und sie daher im Keim zu ersticken suchen. Aus Gründen der political correctness zielt dieses Statement selbstverständlich nicht nur auf abstinente Türken und Araber ab, sondern generell auf Preußen jeglicher Art – also auch auf heidnische Hamburger, Berliner und Rheinländer. Dieser Zusatz muss im Land der unendlichen Toleranz natürlich eindrücklich betont werden, um ein Sarrazin’sches Schicksal und öffentliche Demütigung auf eiligst einberufenen Islamkonferenzen zu vermeiden. Heimlich triumphieren dürfte höchstens Horst Seehofer, der aufgrund seiner höchst populistischen Aussagen („Deutschland ist kein Zuwandererland!“ – Bayern erst recht nicht!) vom Verband deutscher Integrationsfetischisten unter Vorsitz von Frau Roth öffentlich gerügt wurde.

Angesichts der Bedrohung fundamental bayerischer Werte besteht nun akuter Handlungsbedarf. Nicht nur zum Wohle der bayerischen Trinkkultur, sondern auch im Sinne der Integration, sollten nun schleunigst beide an einen Tisch gebracht werden: der Migrant und das Bier nämlich. Zum Einsteig stelle ich mir rund zwei Liter Hacker Pschorr (nach bayerischem Reinheitsgebot!) pro Tag und Kopf vor, welche selbstverständlich vom Amt für Migration gesponsert werden. Diese Dosis sollte aus Sicherheitsgründen vorerst nicht überschritten werden (Ausnahme: trinkfeste Russen), denn ein jeder Münchener kennt die fatalen Auswirkungen des goldenen Hopfensafts auf das Aggressionspotential unserer internationalen Gäste. Insofern ist das kollektive Besäufnis auch nicht allein, sondern in Gesellschaft zu vollziehen. Dafür schlage ich nicht nur Moscheen und Eckkneipen in Fußnähe vor, sondern auch Integrationskurse jeglicher Art. Deren Erfolge könnten unter dem heilbringenden Einfluss von Paulaner und Augustiner sicherlich exorbitant optimiert werden. Auf diese Weise werden nicht nur Blockaden gelöst und Vorurteile ertränkt, sondern gleichzeitig auch wichtige Grundlagen zum interkulturellen Dialog zwischen Kalle aus Kiel und Ali aus Ankara geschaffen.

Mutwilligen Integrationsverweigern drohen hingegen wöchentliche Pflichtbesuche im Münchener Hofbräuhaus. Dort werden Anwärter der bayerischen Staatsbürgerschaft nicht nur mit Weißbier und Weißwurstfrühstück konfrontiert, sondern auch mit der hohen Kunst des professionellen „Schunkelns“ inklusiver volkstümlicher Beschallung. Für diese Maßnahme wird übrigens lückenlose Textsicherheit vorausgesetzt, was angesichts des minimalistischen Charakters bayerischer Volksmusik (Oans, zwoa, gsuffa!) zu bewerkstelligen sein sollte. Bei der Gelegenheit werden die Zugroastn auch schnell realisieren, dass Konflikte hierzulande weder im friedlichen Dialog, noch durch verwüstende Brandanschläge, sondern viel mehr einvernehmlich und auf Basis des Rechts des Stärkeren am örtlichen Stammtisch geregelt werden.

Der krönenden Abschluss dieser Integrationsmaßnahmen findet traditionell auf dem Münchener Oktoberfest statt. Im Rahmen eines ausgedehnten Tagesausflugs müssen die Migranten nun ihre hart erarbeitete Trinkfestigkeit unter Beweis stellen, und dies natürlich unter erschwerten Bedingungen. Eingebayert wird nur derjenige, der die Probe auf’s Exempel inmitten einer schunkelnden Menge aus euphorisierten Ur-Bajuwaren besteht, welche sich auf wankenden Bierbänken fröhlich in den Armen liegen und ihre Maßkrüge in den Himmel der Bayern heben.

Dieses Vorgehen würde nicht nur innerhalb bayerischer Brauereien zu höchstem Entzücken führen, sondern könnte gleichsam als bahnbrechendes Integrationsmodell in die Geschichte eingehen. Das Projekt „Multikulti 21“ würde fortan im Rahmen eines kollektiven Besäufnisses realisiert werden, frei nach dem Motto: „Lass dir raten, trinke Spaten!“. Und das meine ich ernst. Bierernst.



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