Fast könnte man Mitleid für Dr. Hans Michael Strepp, ehemals
CSU – Pressesprecher, empfinden. Von der Justiz über die bayerische
Staatskanzlei hinein in die Zentrale der CSU, endet der Parabelflug des
promovierten Juristen nun im medialen Fleischwolf und vorerst im beruflichen
Nirgendwo. Anlass der Bruchlandung: Ein Anruf beim ZDF, wobei Strepp den
diensthabenden Redakteur dazu gedrängt haben soll, nicht über den Parteitag der
bayerischen SPD zu berichten. So zumindest weiß es die „Süddeutsche
Zeitung“, der Parteilichkeit in eine bestimmte Richtung freilich völlig
fremd ist, zu berichten.
Was Strepp tatsächlich am Telefon gesagt hat, ob es gar
Wulff-Qualitäten hatte, nun, das wird wohl sein Geheimnis bleiben. Wenn es so
klang, wie ZDF und SZ behaupten, wäre das Vorgehen selbstverständlich unverzeihlich.
Unverzeihlich und vor allem dumm, weil das Gefahrenpotential
der bayerischen SPD aus CSU-Sicht eher überschaubar ist. Unverzeihlich,
dumm und dilettantisch, da man von einem Pressesprecher mehr Weitsicht erwarten
darf.
Unterhaltsam hingegen ist der mediale Empörungssturm, der
aktuell über die Grenzen des Weißwurstäquators hinaus weht. Von „Zensur“ ist
die Rede, der Wutbürger hyperventiliert auf Twitter, Facebook und andernorts.
Indes fordert
Andrea Nahles „lückenlose Aufklärung“, Münchens Oberbürgermeister Ude findet das
alles sehr „gravierend“ und der Deutsche Journalisten – Verband lässt
verlauten: "Der Versuch der CSU-Pressestelle, beim ZDF einen
Informationsboykott des politischen Gegners zu erwirken, ist mit dem Gebot
der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht
vereinbar".
Ganz genau! Wobei der „djv“ eigentlich merken sollte, dass
derart grober Unfug mindestens genauso unvereinbar mit dem Anspruch, den man
Europas größte Journalisten-Organisation stellen dürfte, ist. Denn die Worte
„Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk“ und „Staatsferne“ in einen Satz zu
integrieren, ist streng genommen gar nicht mehr unterhaltsam, sondern in diesem
Kontext heuchlerisch. Übrigens ebenso wie die Attitüde sämtlicher Damen und
Herren, die sich nun über „Strepp den Depp“ (O-Ton Twitter) echauffieren.
Ganztätig mit professioneller Empörung beschäftigt, ist es
den Herrschaften offenbar entgangen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk bereits
auf dem Prinzip der politischen Einflussnahme basiert. Zumindest sofern man
berücksichtigt, wer über die Programmgestaltung entscheidet, nämlich der
Rundfunkrat, und wer genau dort wiederum mitmacht – nämlich Staatsvertreter,
also Politiker, die teilweise die Hälfe der vorhandenen Stühle besetzen.
Rundfunkräte als Oasen der Staatsnähe, wo das mutmaßliche Strepp – Prinzip in
Reinform und ganz ohne Shitstorm gedeiht.
Im Grunde sollte man also nicht nur Strepp, sondern auch den
öffentlich-rechtlichen Apparat kritisieren. Aber da es hier letztlich um groß
angelegtes Draufhauen geht, muss man es mit den Fakten nicht so genau nehmen.
Schon gar nicht in Deutschland, wo die hohe Kunst des Differenzierens
perfektioniert wurde. So muss man eben unterscheiden, zwischen radikalen und
gemäßigten Islamisten, Antisemiten und Antizionisten, sowie zwischen guter und
schlechter politischer Einflussnahme.
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