In Deutschland, so liest man, erhitzt das Mohammed-Video immer noch die Gemüter. Während Guido Westerwelle die Grenzen der Meinungsfreiheit absteckt, marschieren empörte Demonstranten gegen die Verletzung religiöser Gefühle an. Hier in den USA
sind wir schon ein wenig weiter. Natürlich, der youtube-Streifen im
Amateurstil ist ein Thema. Aber es geht weniger darum, ob er verboten
oder zum neuen Maßstab für freie Meinungsäußerung erklärt wird – sondern
vielmehr um die Posse, in der sich Obama und das Filmchen die
Hauptrolle teilen.
Doch der Reihe nach: Am 11. September stürmte ein „aufgebrachter Mob“
ein US-Konsulat in Bengasi und tötete dabei den Botschafter sowie drei
seiner Mitarbeiter. Während in Folge dessen noch andernorts US-Flaggen
brannten und Botschaften angegriffen wurden, ließ die US-Regierung verlauten,
es habe sich in Libyen um einen spontanen Aufstand anlässlich eines
anti-islamischen Videos gehandelt. Ganz so, als hätte ein lächerlicher
Kurzfilm vier Amerikaner getötet. Soweit Obamas Theorie.
Nun lagen zwischen Theorie und Wirklichkeit allerdings Welten. Da wären beispielsweise Geheimdienstberichte,
die nicht etwa das Bild spontaner Hobby-Randalierer, sondern eines
professionelleren Angriffs zeichnen. Oder das Tagebuch des ermordeten
US-Botschafters, woraus hervorgeht, dass dieser bereits eine ganze Weile
zuvor von der zunehmenden Präsenz Al Qaidas sprach. Und dass der Mob
ausgerechnet am 11. September auf die Idee gekommen sein soll, sich über
eines von zig Anti-Islam-Videos zu empören, mag nur in Obamas Welt
sinnig erscheinen. Von Anfang an war klar, dass es sich hier eben nicht
um spontanes „Luft machen“ aufgrund eines Videos, sondern um einen
gezielten Terror-Angriff dreht.
Doch zurück zu Obama: Der nämlich wollte über zwei Wochen hinweg
nicht wahr haben, dass seine Version an allen Ecken und Enden mit der
Realität kollidiert. Was tat er also? Richtig, er ließ weiterhin
verbreiten, das Islam-Video wäre an allem schuld und definierte die Lage
in der Region als „bumps in the road“. Um das „T-Wort“ hingegen drückte er sich solange, bis es alle um ihn, selbst Hilary Clinton, ausgesprochen hatten – und ließ es vorigen Mittwoch endlich fallen.
Zwar wird Außenpolitik die Wahlen ohnehin nicht entscheiden. Man kann
sich aber dennoch über einen Präsidenten wundern, der einen
terroristischen Angriff auf sein Land nicht als solchen zu bezeichnen
vermag und stattdessen lieber auf ein Filmchen zeigt, das das Gros des
Mobs nicht mal gesehen hat. Was er damit bezweckt, ist klar: von eigenen
Fehlern ablenken. Denn während die Mullahs im Iran weiter die Bombe
basteln, der syrische Diktator ungehindert sein Volk niedermetzelt und
Fundamentalisten trotz vereinzelter Frühlingsblüten und toter
Top-Terroristen Zulauf finden, schaut der „Change – Man“ zu, stutzt den
Verteidigungs-Etat und düpiert lieber Israel, die einzige Demokratie und
zuverlässiger Partner in der Region. Notwendige Signale der Stärke sind
hingegen nicht im Angebot. Vier Tote und Islamisten-Flaggen über
US-Botschaften sind daher kein Zufall, sondern passen vielmehr ins Bild
und dürften auch die logische Konsequenz dieser Nahost-Politik sein.
Sicherlich wäre kein Präsident in der Lage, die Region von heute auf
morgen zu befrieden. Aber der Präsident der Vereinigten Staaten muss
mindestens dazu fähig sein, Terrorismus nicht herunterzuspielen, sondern
ihn offen zu kommunizieren und dann entsprechend zu handeln. Macht er
das nicht, tut er höchstens etwas für ein Ego und seinen Platz an der
Sonne. Aber sicherlich nichts für die die USA und die westliche Welt.
Zuerst im Rahmen der Kolumne "Neues aus Meschuggestan" auf "The European" erschienen.
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