Im Zweifel antiamerikanisch

Es ist aber auch immer wieder das Gleiche mit diesen Amerikanern. Kaum lässt man sie unbeaufsichtigt, schon fressen sie hier irgendwas aus oder benehmen sich dort erneut unanständig. Nie hat man seine Ruhe. Vor allem nicht, wenn man als Deutscher den Posten des guten Gewissens des Planeten gepachtet hat und es daher natürlich oberste Pflicht ist, den Amis den Kopf zu waschen. Denn auch auf den zunächst als unamerikanisch empfundenen Präsidenten kann man sich nun nicht mehr verlassen. Nicht nur, dass er Guantanamo immer noch nicht zu gemacht hat, nein, jetzt stellt sich zudem heraus, dass er Millionen von Menschen „überwacht“. Prism wird man ihm hier wohl nie verzeihen.

Und wie das im Land der Moralhüter so üblich ist, ist auch bei dieser Aktion made in USA eines garantiert: nämlich das Nicht-Stattfinden einer halbwegs sachlichen Diskussion. Natürlich sind Kritik und Fragen berechtigt, wenn ein Geheimdienst theoretisch in der Lage ist, die Korrespondenzen zwischen Max Mustermann und seiner Geliebten mitzulesen. Nur ist das ja nicht Sinn der Sache. Zumal im Grunde, so hört man zumindest, Verbindungsdaten im Vordergrund stehen und über alles weitere ein Gericht wacht. Oder, um es mit Alan Dershowitz zu sagen: „There is an enormous difference between listening to the content of people’s phone calls and creating a database of telephone numbers.“

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Wie das Leistungsprinzip aus der Mode kam

Erst neulich habe ich mal wieder zur Kenntnis genommen, dass die soziale Kälte sich hierzulande zur sozialen Eiszeit auswächst. Auch um die Kluft zwischen Arm und Reich soll es nicht gut bestellt sein. Sie stünde kurz vor der Unüberwindbarkeit, so hört man, und sollte es nicht schleunigst mit der sozialen Gerechtigkeit losgehen, drohen Sodom- und Gomorra –ähnliche Zustände. Mindestens.

Manch einem mag deshalb schon ganz schlecht sein. Mir nicht. Denn vorerst habe ich schon genug damit zu tun, mich aufgrund dessen neu einzusortieren. Der nach sozialer Gerechtigkeit rufende Chor, die Ode an die Umfairteilung, die Arie der Wir-Seligkeit, kurz: der neue deutsche Soundtrack – seine Klänge sind es, die ich kaum zu dechiffrieren vermag. Dachte ich doch bislang, Leistung wäre etwas Gutes, und auch die Politik müsse an individueller Leistungsbereitschaft, zugleich dem Motor einer Volkswirtschaft, interessiert sein.

Ein fataler Irrtum, wie sich nun herausstellt. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass Leistung in diesen Breitengraden nicht nur verpönt, sondern sogar bedrohlich ist. Denn wer dem Ruf nach sozialer Gerechtigkeit folgt, stellt fest, dass sowohl der Leistungsträger an sich, als auch das System, das ihn belohnt, und zudem alles, was ihn umgibt, der schönen neuen gerechten Welt im Wege stehen.

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Wenn der Fundamentalist zweimal droht

Was der Staat für seine Bürger zu tun hat, ist eine Frage, auf die es bekanntlich recht unterschiedliche Antworten gibt. Die einen finden, er habe seinen Schäfchen eine Allroundversicherung für die Risiken und Nebenwirkungen des Lebens zu garantieren. Andere hingegen wünschen sich mehr Tatendrang in Sachen Naturschutz und Klimawandel. Übergreifenden Konsens erzeugt dagegen sicherlich die Ansicht, wonach Vater Staat auch und vor allem für eines sorgen soll: Sicherheit. Und zwar Sicherheit vor Gangstern und Ganoven ebenso wie vor Mördern und Terroristen.

Nun klappt das mit der Sicherheit bekanntlich mal mehr, mal weniger prächtig. So ist der Staat beispielsweise aktuell nicht in der Lage, einem deutschen Staatsbürger, der in Ägypten mit dem Tod bedroht wird, Sicherheit zu garantieren. Die Rede ist vom deutsch-ägyptischen Autor Hamed Abdel-Samad, der erst neulich in Kairo über „Religiösen Faschismus im Islam“ referierte, was zuerst den Mob, anschließend aber auch zwei hochrangige Fundamentalisten zu öffentlichen Mordaufrufen veranlasste.

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Wenn der Antisemitismusforscher den Anfängen wehrt

In Deutschland kommt es öfter mal zu sogenannten „Vorfällen“ antisemitischer Natur. Meistens laufen sie so ab, dass Juden allein durch ihre Existenz den Antisemiten so sehr provozieren, dass dieser quasi gar nicht anders kann, als dagegen aktiv zu werden. Mal verbal, mal tätlich, je nach Tagesform. Anschließend beginnt dann gerne und oft das große Orakeln: War der Jude selbst schuld? Ganz so, wie neulich in Berlin, wo ein Jude vor einer Disco verprügelt wurde, weil er Jude ist und ein israelisches T-Shirt trug, was wiederum die Täter „möglicherweise provoziert“ hätte? Und wenn der Jude gemäß offizieller Ansicht nicht schuld ist: Was tut man nur, um dem Antisemitismus Herr zu werden?

Fragen, die derzeit auch im beschaulichen Offenbach gestellt werden. Nachdem dort nämlich vergangenen Sonntag ein Rabbiner in einem Shoppingcenter von circa sechs bis acht „südländisch aussehenden Jugendlichen“ zunächst antisemitisch beschimpft, daraufhin geschubst, genötigt und umzingelt wurde, herrscht nicht nur berechtigtes Entsetzen, sondern auch Rätselstimmung. Man wolle derartige Angriffe nicht dulden, so die Ansage – wie das allerdings praktisch funktionieren soll, ist dagegen noch nicht bekannt.

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Kein Blut für 9,90-€-Tops!

Allmählich glaube ich ja, dass der immer komplexer werdende Alltag viele Menschen überfordert. Nachvollziehen kann ich das übrigens auch – gibt es doch so einige kleine und große Herausforderungen, die quasi allerorts auflauern. Eine davon hat früher mal Spaß gemacht und nennt sich Konsum. Denn seit die Menschen nicht mehr einfach nur Einkaufen oder Shoppen gehen, sondern zu „kritischen Verbrauchern“ avanciert sind, gleicht das einstmals simple Konsum-Prozedere (umsehen, zugreifen, zahlen, fertig) einem Marsch durch vermintes Terrain.

Sowohl die Obstabteilung als auch die Kleiderstange bilden längst schon ein Stück politische Weltbühne. Und wer ein Hemd kaufen möchte, kauft nicht einfach nur ein Hemd, sondern entscheidet damit auch wahlweise über das Schicksal unserer Gesellschaft, der Erde, gar der Menschheit – also eigentlich über das große Ganze.

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Von echten und unechten Steuersündern

Es sind schockierende und völlig überraschende Nachrichten, die uns diese Woche aus Berlin erreichten: Bushido, das rappende Sturmgeschütz der Integrationsgesellschaft, soll wider Erwarten doch nicht brav und ordentlich seine Steuern ans Finanzamt gezahlt haben. Zumindest besteht dieser Verdacht, nachdem ein mehrköpfiges Steuerfahnder-Einsatzkommando am Dienstag bei ihm, seinem Steuerberater und seinem Management zur flächendeckenden Hausdurchsuchung anrückte. Bereits davor habe es, so die verblüffende Auskunft der Staatsanwaltschaft, „monatelange Ermittlungen gegeben“, und weiter: „Die Auswertung des gesicherten Materials werde Monate dauern.“

Nun also nimmt alles seinen geregelten Lauf, und theoretisch wäre die Angelegenheit damit für den Moment erledigt. Praktisch ist sie das allerdings nicht. Denn irgendwas fehlt. So hat beispielsweise Angela Merkel bislang noch nicht erklärt, wie „enttäuscht“ sie von Bushido ist – Hans-Peter Friedrich übrigens ebenfalls nicht. Auch auf die üblichen Ermittlungen durch Talkshow-Gäste wartet man bislang vergeblich. Dass Sandra Maischberger sich am Dienstag dem Thema Alzheimer widmete, gut, das kann man aufgrund zeitlicher Gegebenheiten noch nachvollziehen. Aber dass auch Anne Will am Mittwoch lieber über Deutschlands Eliten talkte, anstatt ein Sondereinsatzkommando zum Thema „Ausgerechnet Bushido! Wer stoppt die Steuersünder?“ einzuberufen, geht eindeutig zu weit.

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Eingestellt!


Immer mehr Menschen haben immer weniger zu tun. Damit ihnen dabei trotzdem nicht langweilig wird, suchen sie sich oftmals keineswegs nur ein simples Hobby wie Stricken oder Nordic Walking, sondern eine Beschäftigung, von der sie sich Glanz und Ruhm erhoffen. Wer sich etwa für einen „gerechten Frieden im Nahen Osten“ engagiert, hat nicht nur jede Menge, nein, auch bei der Soja – Caffe Latte – Intelligentsia punktet er damit auf ganzer Linie.

Durchaus ähnlich verhält es sich mit denjenigen, die ihren Lebensmittelpunkt auf die Vorhaut der Anderen verlagert haben. Sie treten nicht einfach nur gegen die Beschneidung, sondern vielmehr für „Kinder- und Menschenrechte“ bzw. „genitale Selbstbestimmung“ ein – wohl auch, weil letzteres einfach schicker klingt. Wenn sie nicht gerade das Netz nach jüdischen und muslimischen Kronzeugen oder blutigen Videos durchforsten, initiieren sie Petitionen mit beschränktem Erfolg oder stellen spannende Events wie zum Beispiel den „Worldwide Day of Genital Autonomy auf die Beine, an dem hierzulande des Kölner Beschneidungsurteils gedacht wird.

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Lasst die Barbie im Dorf!

Der Berliner an sich ist ein kurioses Wesen. Dass er beispielsweise voller Inbrunst in den Spätzlekrieg zieht, während in unmittelbarer Nähe ein steuersubventionierter Flughafen seiner erfolgreichen Nicht-Fertigstellung entgegensieht, mag den Nicht-Berliner durchaus verwirren. Genauso wundert man sich aber auch über die berlinerische Lust an der Demo. Egal ob es um die Legalisierung von Cannabis, das geltende Asylrecht, Gentrifizierung, Fluglärm (den aus Tegel, versteht sich) oder steigende Mieten geht – der Berliner ist stets auf Achse.

Und als hätte er nicht schon genug um die Ohren, gibt es nun einen neuen Anlass, der die Einwohner auf die Straße treibt. Dieser Anlass wiederum ist knallpink, erstreckt sich auf 2500m² und wirkt wie eine zuckerwattierte Wolke sieben für junge bis sehr junge Damen: das Barbie Dreamhouse am Alexanderplatz. Ein Ort, der Widerstand hervorruft. Denn dort können Mädchen nicht nur Barbiepuppen bestaunen, sondern auch allerhand weitere Risiken eingehen. Zum Beispiel „virtuelle Cupcakes kreieren“, den „begehbaren Kleiderschrank der Stilikone“ erkunden, den Barbie-Schönheitssalon aufsuchen und zu allem Übel auch noch auf dem Barbie-Catwalk die Hüften schwingen. Entsetzlich!

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Keine Fahrt für freie Bürger

Schon wieder ist es Sigmar Gabriel, der die Sozialdemokratie ideentechnisch auf Trab hält. Kaum hat er den „wahren Asozialen in diesem Land“ den Kampf angesagt, schon kommt er mit dem nächsten Knüller um die Ecke. Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen hätte er gern – was so gesehen wenig innovativ ist, nachdem man sich mittlerweile schon an wahlkampforientiere Verbote in allen Formen und Farben gewöhnt hat.

Obwohl es letztlich Peer Steinbrück war, der durch sein Veto das Seelenheil der rasenden SPD-Wähler umgehend wiederherstellte, muss man Gabriel doch eines zugutehalten: nämlich, dass er mit seinem verkehrspolitischen Einwand, der natürlich keineswegs neu war, durchaus den Zeitgeist bediente. Nicht etwa, weil die Frage nach Schienen, Transportmaßnahmen und Flugrouten den Wähler in Stimmung versetzt, sondern weil das Auto an sich nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sondern auch ein hochpolitischer Gegenstand ist. Das beweist schon ein Ausflug in die Gedankenwelt der jungen und alten Grünen, von denen Gabriel durchaus noch lernen könnte.

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Mehr Reichtum wagen!

Seien wir mal ehrlich: So ganz fair ist das ja nicht, was große Teile der politischen Landschaft sich derzeit mit ihrer Klientel erlauben. Völlig unverhohlen stellen sie den tendenziell linken Wähler vor eine kaum zu bewältigende Herausforderung: Was tun, wenn’s heuer an die Wahlurne geht? Soll der Wähler sich für höhere Steuern im Ökogewand, höhere Steuern à la SED, oder doch eher für höhere Steuern mit Anti-Clown, Kavallerie-Chef und Weinexperte Steinbrück entscheiden? Ganz zu schweigen von den unzähligen Anti-Reichen-Maßnahmen, die so im Angebot sind. Darf’s die grüne Vermögensabgabe oder lieber die linke Enteignung ab 40.000 Euro monatlich sein? Schwierig, schwierig.

Ein Glück allerdings, dass die Lage bei genauerer Betrachtung nicht ganz so aussichtslos ist, wie sie zunächst erscheint. Denn letztlich verspricht doch jede Maßnahme, jede Option und jede Steuererhöhung das Gute und Schöne: soziale Gerechtigkeit. Ein Zustand, der noch nicht einmal genauer definiert werden muss, um als attraktiv und dringend wählbar empfunden zu werden. „Sozial“ klingt ohnehin immer gut, „Gerechtigkeit“ auch, weshalb beides in der Summe erst recht jede Menge Solidarität, Geborgenheit und Heimeligkeit ausstrahlt. Mehr Gehalt für die Schwachen, mehr Unterstützung für die Schwächsten, mehr Kindergärten, mehr Toleranz, mehr Sonnenschein – so ungefähr.

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