Zu den lästigsten Ideen, über die Brüssel und Berlin derzeit
debattieren, gehört zweifellos die Frauenquote. Warum sie – so wie
grundsätzlich alle Quoten – Quatsch ist, nun, dafür gibt es Gründe.
Nicht nur, dass sie wahrlich ein zutiefst kollektivistisches Konstrukt
ist. Darüber hinaus stigmatisiert sie fähige Frauen, diskriminiert
Männer, ermöglicht dem Staat Eingriffe in die freie Wirtschaft und
gaukelt Ottilie Normalverbraucherin vor, sie würde sich immer noch in
der Kampfarena befinden, obwohl Frauen innerhalb der westlichen Welt den
Männern schon längst gleichgestellt sind. Warum die Quote aber dennoch
notwendig sein soll, wird uns gerne unter Bezugnahme auf die sogenannte „gläserne Decke“ erklärt.
Die nämlich soll für Frauen eine unüberwindbare Hürde darstellen. Sie
zu durchbrechen muss wohl ebenso beschwerlich wie eine
Himalaja-Wanderung in High Heels sein. Eine Barriere, an der sich Frauen
nicht nur die Frisur ruinieren, sondern die auch gleichzeitig das Ende
der weiblichen Karriereleiter markiert. Oder, wie neulich in der „Zeit“ nachzulesen war:
„Die Glasdecke ist eine ganz durchsichtige Entschuldigung für
blickdicht gewebte Vorgänge, die der Abwehr aufstiegsorientierter Frauen
dienen.“ Und wer hat’s erfunden? Natürlich die Männer. Genauer gesagt:
Männer an den Schalthebeln der Macht, die konspirative Zirkel bilden und
beim Feierabendbier Pläne schmieden, wie sie ihre weibliche Umwelt vom
Karrieresprung abhalten. So das Bild, das immer dann entsteht, wenn pro
Quote und kontra manngemachte Glasdecke argumentiert wird. Der Schuldige
trägt das Y-Chromosom. Männer diskriminieren Frauen und bleiben lieber
unter sich, deshalb muss die Quote her – heißt es.
Nun gibt es sicher Fälle, in denen diese Art der Benachteiligung
stattfindet – was die Quote übrigens dennoch nicht legitimiert. Wer
allerdings in Bezug auf Frauen über Chancen und Karriere diskutiert, der
sollte gelegentlich berücksichtigen, dass Konkurrenz nicht nur an der
Männerfront, sondern auch im eigenen Lager auflauert. Ja, Sie lesen
richtig. Häufig sitzt das größte Problem nämlich nicht in der männlich
dominierten Chefetage, sondern bestöckelschuht und geschminkt am
Schreibtisch nebenan. Dafür gibt es den hübschen Begriff „Stutenbissigkeit“.
Ein Phänomen, das selbst unter besten Freundinnen vorkommt, die sonst
grundsätzlich gemeinsam das WC aufsuchen – spätestens dann, wenn beide
um den gleichen Mann konkurrieren.
Um eine grobe Vorstellung von weiblicher Kriegsführung zu bekommen,
ist es hilfreich, sich zumindest eine Folge „Germany’s Next Topmodel“
anzusehen. Multipliziert man das wiederum mit 100, kommt man dem Alltag
in der Redaktion einer Frauenzeitschrift vermutlich recht nahe. Frauen
können beste Freundinnen, aber genauso gut auch unerbittliche
Konkurrentinnen sein. Das eine Gerücht hier, die andere Intrige dort,
angereichert mit Neid, weil die Kollegin schlanker, hübscher oder klüger
ist – willkommen in der „Wir Frauen“-Fraktion, die in Wirklichkeit
keineswegs so solidarisch ist, wie es uns Feministinnen stets
suggerieren. Und wer annimmt, dass weibliche Führungspersonen lieber
junge, ehrgeizige und schlimmstenfalls auch noch attraktive Frauen als
Männer einstellen, der glaubt auch daran, dass Madonna allein durch drei
Liter Wasser pro Tag faltenlos bleibt.
Im Lichte dessen erscheinen Quoten-Debatte und Glasdecken-Diskurs
fadenscheinig und eindimensional. Das heißt natürlich nicht, dass es nun
einer gesetzlichen Regelung für das Verhalten unter Frauen bedarf – was
ohnehin unmöglich wäre. Vielmehr sollte man einsehen, dass das
Berufsleben (genauso wie das Leben generell) nun mal ein Mit- und
Gegeneinander von Individuen, nicht jedoch von Geschlechtern ist. Mal
muss sich eine Frau gegen einen Mann durchsetzen, mal gibt es
Schwierigkeiten zwischen der Auszubildenden und der Chefin, mal kann der
Internist den neuen Assistenzarzt nicht ausstehen. Konkurrenz belebt
das Geschäft, Antipathien sind menschlich. All das gehört zum Leben und
zur Wirtschaft, die sich nicht quotieren lassen sollte.
Auch nicht aufgrund einer etwaigen Glasdecke. Solange männliche
Frauendiskriminierung inflationär betont, jedoch andere Risiken und
Nebenwirkungen des Berufsalltags unter den Teppich gekehrt werden,
solange erscheint auch das Feindbild der „mächtigen Männerclique“
vielmehr als Vorwand, um Gleichheit herbei- und Wettbewerb abzuschaffen.
Was, nebenbei bemerkt, ganz offensichtlich erklärtes Ziel der EU ist.
Zuerst im Rahmen der Kolumne "Neues aus Meschuggestan" auf "The European" erschienen.
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