De mortuis nihil nisi bene

Je länger das Dritte Reich zurückliegt, desto populärer ist es, jüdisch zu sein. Doch wie verpasst man der eigenen Vita einen Touch von Jüdischkeit, wenn man weder über eine jüdische Mutter, noch über das für einen ordentlichen Übertritt erforderliche Durchhaltevermögen verfügt? Genau das hat wohl kaum jemand eindrücklicher als die in Remagen wirkende Lyrikerin Irena Wachendorff vorgemacht.

Wir erinnern uns: Das ist die Jüdin, IDF-Veteranin und Teilzeit-Israelin, die gleichzeitig als „jüdische Freundin“ von MdB Ruprecht Polenz, Israelkritikerin, Friedensaktivistin und Mitglied mehrerer jüdischer Gemeinden, bisweilen gar als Vorbeterin, reüssierte. Als Tochter eines „Zadeks“, der vor den Nazis flüchten musste, und einer Auschwitz-Überlebenden mit „Nummer im Arm“, die der täglichen Pflege durch Irena selbst bedurfte, surfte sie lange Zeit auf der Erfolgswelle. (Siehe hier und hier)

Dass die heitere Rheinländerin allerdings wesentlich phantasievoller als jüdisch ist, bestreitet mittlerweile nur noch ihr treuer Fanclub. So war ihr Vater während der 40er-Jahre nicht etwa im britischen Exil, sondern als Offizier in der Wehrmacht tätig. Ein Telefonat mit Irenas Mutter, Barbara Wachendorff, brachte einerseits ans Licht, dass diese nicht etwa von der Tochter selbst, sondern von einer Dame mit stark osteuropäischem Akzent gepflegt wurde. Andererseits bestätigte die Mutter höchstpersönlich, nie in Auschwitz gewesen zu sein (dafür aber ihr Mann, wenn auch nicht als Häftling).  Obwohl Irena Wachendorff mittlerweile selbst nicht mehr weiß, in welchem Lager sich ihre Mutter denn eigentlich aufhielt und die „Nummer im Arm“ eigens zu einem unkenntlichen „Etwas“ degradierte, fühlt sie sich nach wie vor freilich sehr jüdisch.

Umso seltsamer mutet eine kleine Anzeige an, die der heutigen Ausgabe des „Bonner Generalanzeigers“ zu entnehmen ist. Schauen Sie mal, fällt Ihnen etwas auf?

http://trauer.general-anzeiger-bonn.de/Traueranzeige/Barbara-Wachendorff
 
So sieht also jüdische Trauer à la Wachendorff aus. Dass die unglaublich jüdische Urnenbestattung der Mutter lediglich zwölf Tage nach dem Todeszeitpunkt stattfindet, erstaunt natürlich schon ein wenig. Genauso wie das Wörtchen „Advent“, wo doch Chanukkah wesentlich passender gewesen wäre. Denn schließlich verstand sich Irena Wachendorff nicht als irgendeine, sondern als „Super-Jüdin“. Eine mit allem drum und dran, die keine jüdische Feierlichkeit ausgelassen haben will und ihre Familie zu einem „bunten Haufen Jüdeleien“ - „alle miteinand jüdischen Glaubens“ - beförderte. Aber so ist sie eben – immer für eine Überraschung gut.

Daher übermitteln wir an dieser Stelle nicht nur unser herzliches Beileid, sondern wünschen wahlweise einen besinnlichen letzten Chanukkah-Abend, oder auch einen frohen dritten Advent – eben je nach Kostüm.


Siehe auch:
Die Causa Wachendorff/Polenz – eine Chronologie: http://jennifernathalie.blogspot.de/2012/07/causa-wachendorff-eine-chronologie.html
Die eingebildete Jüdin - Ein Grusical made in Germany: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_eingebildete_juedin/




 Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.

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