Nun ist es endlich so weit: Alle Jahre wieder versorgt RTL sein verwöhntes Publikum mit bewegenden Momenten aus dem australischen Dschungel.
Dass statt Promis nur Promi-Darsteller mit von der Partie sind, die in
der Hoffnung auf den Aufstieg von der Z- in die C-Liga Dinge tun, die
nicht zur Nachahmung empfohlen sind, ist dabei ein wesentlicher
Bestandteil des Konzepts. Schmährufe aus dem Feuilleton und Tierschützer
in Aufruhr gehören genauso zum Dschungelcamp wie „Doctor Bob“ und
Känguru-Hoden.
Dabei wäre es doch so einfach, das als kulturlos verschriene
Dschungelcamp in ein etwas niveauvolleres Format zu verwandeln. Man
müsste nur den ein oder anderen Ex-DSDS-Kandidaten
und womöglich sogar die erfolgsfreie „Bachelor“-Anwärterin durch
Personen des öffentlichen Lebens ersetzen, um der grünen Resterampe
einen Touch von Relevanz zu verleihen. Warum entsenden wir also nicht
zur Abwechslung eine illustre Delegation, bestehend aus Kandidaten wie
Peer Steinbrück, Bettina Wulff, Lothar Matthäus, Klaus Wowereit und
Alice Schwarzer, nach Australien?
Peer Steinbrück hätte beispielsweise die einmalige Gelegenheit, sich
gegenüber potenziellen Wählern von seiner bescheidenen und kollegialen
Seite zu präsentieren. Etwas, wozu er in Deutschland nur leider nie
kommt, weil ihn seine Vortragsreisen ständig davon abhalten. Fernab von
„ThyssenKrupp“ und „Bilfinger Berger“ hätte der Kanzler-Anwärter
hingegen genug Zeit, um sich intensiv der Aufbesserung seines
Sympathiekontos zu widmen. Sicher, mit den Dschungelprüfungen täte er
sich zunächst wohl etwas schwer. Denn wer weiß schon, wie viel man im
Vorfeld für ein öffentliches Kakerlaken-Bad verlangen kann? Sterne statt
Euros, das ließe sich vielleicht eine ehemalige Top-Model-Kandidatin,
aber garantiert nicht Peer Steinbrück gefallen.
Während also die Honorarverhandlungen etwas andauern würden, müsste
derweil ein anderer Kandidat für die Dschungelprüfung einspringen. Und
wer wäre dafür besser geeignet als Klaus Wowereit, der erfolgreiche
Macher aus Berlin? Denn selbst in Australien hat sich mittlerweile
rumgesprochen: Was immer Wowi anpackt, führt er auch zu einem Ende – man
muss nur genug Zeit mitbringen. Außerdem muss es ja nicht gleich ein
Flughafen sein. Ein knallrotes Gummiboot, das Klaus im Rahmen seiner
Dschungelprüfung persönlich aufblasen müsste, täte es ja auch schon.
Hier gelte jedenfalls die Devise: Fördern statt fordern! Mit Rücksicht
auf sein bestehendes Defizit im Bereich „Transport und Planung“ stünde
Wowi natürlich mehr Zeit zur Bewältigung seiner Prüfung zu.
Indes würde sich Alice Schwarzer in Begleitung von Lothar Matthäus
auf die spannende Suche nach dem Dschungelschatz begeben. Der ehemalige
Star-Kicker hat nämlich gehört, dass es auch in Australien Frauen gibt.
Nicht Ruhm und Anerkennung wären es, die ihn in den Dschungel bewegten,
sondern schlichtweg die Sehnsucht nach einer neuen
Lebensabschnittspartnerin, die er noch nicht aus dem Münchner P1 kennt.
Ein Kriterium, das Alice Schwarzer zweifellos erfüllt – wenn auch nicht
so, wie er sich das vorgestellt hätte. Auf ihrer gemeinsamen Tour durch
den Dschungel würde sie ihn zunächst anschaulich über den „kleinen
Unterschied“ aufklären, um ihn anschließend vom Wert eines „EMMA“-Abos
zu überzeugen. Eine herbe Enttäuschung für Lothar, der sich spätestens
jetzt überlegen würde, im nächsten Jahr sein Glück als „Bachelor“ zu versuchen.
Und auch Bettina Wulff hätte „jenseits des Protokolls“ und in
sicherer Distanz zu Großburgwedel endlich die Zeit, die sie schon seit
ein paar Monaten für sich beansprucht. Immer noch völlig lädiert von den
Verpflichtungen, die das „Amt der First Lady“ so mit sich brachte,
fehlt ihr schlichtweg die Kraft, an einem weiteren Buch mitzuschreiben.
Dagegen böte der Dschungel die perfekte Gelegenheit, das Motto „Bettina
Wulff Kommunikation“ ernsthaft und vor allem bequem in die Tat
umzusetzen. Ob das Amt der Dschungelkönigin mit ihrem Dasein als
emanzipierte eigenständige Frau vereinbar wäre, nun, darüber müsste sie
freilich noch genauer nachdenken. Am besten gemeinsam mit Peer
Steinbrück, der ihr am Lagerfeuer den ein oder anderen Tipp in puncto
„Nebeneinkünfte“ geben könnte.
Dem wäre die Lust auf den Dschungel und dessen mieser Bezahlungsmoral
übrigens mittlerweile gänzlich vergangen. Er ist ein Star und will
jetzt hier raus. Nicht nur aus Australien, sondern auch aus der Politik.
Warum vier Jahre lang den Kanzler machen, wenn man es auch noch mal als
Sparkassen-Chef mit besserem Gehalt versuchen könnte? Eben. So hätten
nicht nur das Publikum vor dem Fernseher, sondern auch gewisse Teile der
SPD ihre Freude am Dschungelcamp der etwas anderen Art.
Zuerst im Rahmen der Kolumne "Neues aus Meschuggestan" auf "The European" erschienen.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen