Was treiben eigentlich dynamische Journalistinnen, wenn sie
Feierabend haben? Richtig, sie tun etwas Gutes. Und zwar ausnahmsweise
für sich selbst, frau gönnt sich ja sonst nichts. Bestaunen kann man das
auch und vor allem im Netzwerk „ProQuote“, wo Journalistinnen
zueinander finden, um eine Frauenquote in der Medienbranche – 30% in
Führungspositionen, und zwar auf allen Hierarchiestufen bis 2017 – zu
etablieren. Denn, so die schockierende Nachricht der Matheprofis von
ProQuote: „Nur zwei Prozent aller Chefredakteure der rund 360 deutschen
Tages- und Wochenzeitungen sind Frauen, von den 12 Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind lediglich drei weiblich.“
Da die Noch-nicht-Quotenfrauen aber nicht nur gut im Rechnen, sondern
noch besser im Kaffeesatzlesen sind, ist die Wurzel allen Übels schnell
identifiziert. Schuld sind – wer hätte das geahnt – die Männer. Deren
Lieblingsbeschäftigung besteht natürlich darin, all den
hochqualifizierten Top-Journalistinnen da draußen den Zugang zu den
Zirkeln der Macht zu versperren. So zumindest erklären sich die toughen
Medienmacherinnen den akuten Frauenmangel in der Chefetage.
Dass Männer den Job möglicherweise, und ja, auch trotz formal
gleicher Qualifikation, aktuell schlicht etwas besser beherrschen und
ihn genau deshalb haben, kommt gar nicht erst in die Tüte. Wo mehr
Männer sind, hat gefälligst Unterdrückung der Frau stattgefunden zu
haben. Andere Gründe gibt es nicht, da sind ProQuoten-Frauen strikt. Sie
glauben nicht an die Existenz von Medienunternehmen, die in erster
Linie nach Gewinnmaximierung streben. Ihre Religion erlaubt nur Verlage,
deren oberstes Ziel in männlich dominierten Redaktionen besteht – ganz
egal, wie viele umsatzfördernde Pulitzer-Anwärterinnen da anklopfen.
Doch keine Sorge: Natürlich hat die ProQuoten-Frau noch weitere
Argumente im Gepäck, die an Logik und Schlagkraft kaum zu überbieten
sind. Claudia Voigt vom „Spiegel“ etwa ist „auch deshalb für die Quote,
damit die Diskussion über die Quote ein Ende hat“, während Tanja Stelzer
von der „Zeit“ endlich loslegen will, „weil wir lange genug gewartet
haben“. Absolut richtig. Viele Menschen warten auf einen Millionengewinn
im Lotto, damit sollte eigentlich auch endlich Schluss sein, also her mit der Lottomillionär-Quote!
Das Schöne an ProQuote ist aber, dass die dazugehörigen Aktivistinnen nicht nur abwarten, sondern auch handeln. Eine Kritik hier,
ein Aufschrei dort, und nun haben sie sich erneut etwas wahrhaft
Grandioses ausgedacht. Nämlich: „Preise mit Gefühl“. Logisch, wer will
schon Preise ohne Gefühl? Frauen machen ohnehin alles mit Gefühl, im
Gegensatz zu Männern natürlich, die nun also durch gefühlvolle Preise
dazu animiert werden sollen, endlich mit der Quotenrevolution
loszulegen. Den Anfang macht ein Hamburger, der vorigen Samstag für
seinen „Mut“ ausgezeichnet wurde: ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, dem der goldene “Hahn im Korb” überreicht wurde.
"Hintergrund: Am 26. Februar 2012 hatten 350 Journalistinnen einen Brief an deutsche Chefredakteure und Intendanten geschickt mit der Frage, ob sie bis 2017 eine Frauenführungsquote von 30 Prozent schaffen würden. Di Lorenzo antwortete auf der Titelseite der ZEIT: “Namens der Chefredaktion der ZEIT erkläre ich: Wir nehmen den Ball auf und werden alles in unserer Macht stehende tun, dieser Forderung gerecht zu werden.” Seinen Worten folgten Taten: Mit Sabine Rückert hat die Zeitung nun eine stellvertretende Chefredakteurin; der Frauenführungsanteil in der Textredaktion liegt bei 30,4 Prozent – ein “Grund zum Jubel”, so ProQuote-Vorsitzende Annette Bruhns.“
Oh ja, so viel Courage sieht man selten. Im Angesicht einer solchen
Email nicht eingeschüchtert auf „Löschen“ zu klicken, sondern sich einer
Forderung anzuschließen, die in ähnlicher Form lediglich Statisten wie
Ursula von der Leyen vertreten, zeugt wirklich von großem Mut. Hinterher
noch eine Frau zu befördern, setzt der Heldentat noch die Krone auf.
Dagegen kann Sophie Scholl wirklich einpacken.
Also, liebe
Medienmacher: Der Preis ist heiß! Wer heute noch mit der Quote
durchstartet, kann schon im nächsten Jahr symbolisch zum „Hahn im Korb“
befördert werden. Eine Ehre, die außer Giovanni im Glück bislang noch
niemandem zuteil geworden ist. Sie benötigen dazu lediglich den Mut,
sich nicht Ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Und viel Gefühl. Am
besten Mitgefühl.
Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.
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