Berichte aus der freien Welt, notiert in San Francisco - California - USA.
Warum man Gaddafi in Deutschland so gerne vor Gericht gesehen hätte.
Ob Deutschland noch das Land der Dichter ist, mag bezweifeln, wer gelegentlich die von Charlotte Roche, Daniela Katzenberger und Gaby Köster okkupierte SPIEGEL-Bestsellerliste studiert. Das macht aber nichts, denn im Denken sind die Deutschen nachwievor ganz vorn dabei. Sie denken grundsätzlich viel und über alles Mögliche nach – und das tun sie nicht nur irgendwie, sondern kritisch. Speziell dann, wenn fürsorgliche Familienväter, die im Nebenjob als Diktatoren oder Terroristen aktiv waren, plötzlich und durch externe Gewalteinwirkung von uns scheiden. So geschehen anlässlich der erfolgreichen Eliminierung Osama bin Ladens, die der bundesdeutsche Elite der Sesselstrategen und Friedensforscher Gelegenheit zum ausgiebigen und vor allem kritischen Grübeln bot: Stand die Aktion der Navy Seals in Einklang mit geltendem Völkerrecht? Wurden dem Terrorfürsten zuvor seine Rechte vorgelesen? Erfolgte die Bestattung nach islamischen Regeln? Und überhaupt: Wird Osama nun wenigstens ins Paradies einziehen können und dort auf 72 leicht bekleidete Jungfrauen treffen? Fragen über Fragen, die nun pünktlich, wenn auch in abgewandelter Form, zu Gaddafis Tod wieder aus dem Hut der Allgemeinplätze gezaubert werden.