Bei Frank Plasberg wurde neulich darüber spekuliert, ob der
Islam ein Gewaltproblem hat. 75 Minuten später einigte man sich dann auf ein
ausdrückliches „jein“. Denn natürlich ist es schwer zu beurteilen, inwiefern
der Islam und seine vielen Doppelgänger tatsächlich unter der sie umgebenden
Gewalt leiden - oder sie nicht womöglich doch vergleichsweise in Ordnung
finden. Dabei wäre es eigentlich ziemlich egal, woran es dem Islam so fehlt,
solange er nur eine Art Sadomaso-Club unter den Religionen wäre. Eine
Einrichtung also, deren Angehörige sich in gegenseitigem Einvernehmen die Hölle
heiß machen.
So allerdings existieren jede Menge anderer Gruppen, die
tatsächlich ein Problem mit dem Islam haben, aber eben leider nicht mehr an
einen Talk-Tisch passen. In der Islamischen Republik Iran leiden Frauen unter
islamischer Rechtsprechung, die ein Vergewaltigungsopfer zum Tod durch den
Strang verurteilen, wenn es sich gegen seinen Peiniger wehrt. Im Islamischen
Staat hat man als „Ungläubiger“ oder als westlicher Journalist ebenfalls keine
guten Karten (es sei denn, man sieht aus wie Jürgen Todenhöfer). Auch in Israel
macht sich der Islam ab und an bemerkbar, etwa durch palästinensische Raketen
im Vorgarten. In deutschen Vorgärten hingegen sieht man ihn zwar noch nicht -
dafür zeigt er aber in Berlin-Neukölln oder Duisburg Marxloh schon recht
zuverlässig sein freundliches Gesicht. Und in deutschen Flüchtlingsheimen lernt
jeder den Islam hautnah kennen, sofern er über eine Bibel verfügt.
Die viel spannendere Frage wäre also nicht, ob der Islam ein
Gewaltproblem hat, sondern was man unternehmen könnte, damit er anderen
keine Probleme mehr bereitet. Aber bevor es soweit kommt, müssen erst einmal
andere Dinge geklärt werden. Zum Beispiel diejenigen Dinge, die alle nichts mit
dem Islam zu tun haben. Oder die Gefahren, die durch zu wenig Islam entstehen
können. Denen möchte nun Katrin Göring-Eckhardt vorbeugen, und zwar durch mehr
Islam-Unterricht. Immerhin leidet der Islam ja nicht nur an einem
Gewaltproblem, sondern vor allem einem Verständnis-Problem.
Denn was sowohl den Terroristen als auch den Antänzer mit
Migrationshintergrund eint, ist das Schicksal, den Islam mitsamt dem Koran
nicht wirklich verstanden zu haben. Böse Zungen behaupten sogar, beide könnten
gar keine Muslime sein. Schließlich seien Alkohol, Terror und Fehlstunden in
der Moschee zutiefst unislamisch. Ein bisschen schade ist nur, dass es die
betreffenden Problemgruppen eher selten zur Einsicht bewegt, wenn sie auf diese
Weise von Lamya Kaddor und anderen Experten für nicht-islamische Angelegenheiten
exkommuniziert werden.
Zwar ist es gut möglich, dass die Brüsseler Attentäter und
die Antänzer von der Kölner Domplatte den Koran wirklich falsch interpretiert oder
noch nie bis zum Ende durchgelesen haben. Aber der Islam ist eben nicht
zwingend das, was im Koran steht. Der Islam ist vielmehr das, was seine
Anhänger daraus machen.
Und dahingehend mutet die Bilanz aktuell nun mal nicht so
umwerfend an. Der eine Teil seiner Anhängerschaft übt sich in professioneller
Rosinenpickerei. Aus seinen Lehren nimmt er sich das raus, was das Leben
schöner und angenehmer macht: Unterdrückung von Minderheiten, Drangsalierung von
Frauen sowie Mord und Totschlag, sobald jemand einen lustigen Mohammed malt. Der
andere Teil leidet darunter, oder es ist ihm schlichtweg gleichgültig. Für all
die anstrengenden Dinge – Toleranz, Nächstenliebe und Debatte – ist der Islam
offenkundig zu beschäftigt.
Parallel drängt sich der Verdacht auf, dass der Islam
eigentlich ein ganz anderes Problem hat: nämlich eines mit Frauen. Zumindest
kann es ja kein Zufall sein, dass einen Selbstmordattentäter im Paradies nicht
etwa eine Villa mit attraktiver Ehefrau und Personal oder gar ein ganzer
Porsche-Fuhrpark, sondern sage und schreibe 72 Jungfrauen erwarten. Auch sonst
muss man sich fragen, was bei Männern schief läuft, die Frauen in Ganzkörpergewänder
hüllen, weil sie sich sonst angeblich nicht am Riemen reißen können. Und abgesehen
davon kann es auch gesellschaftlich nicht ganz gesund sein, wenn Familien ihren
Lebensmittelpunkt zwischen die Beine ihrer Töchter verlagern.
Dass die beteiligten Frauen nichts dagegen unternehmen,
liegt vor allem daran, dass jeglicher Protest lebensgefährlich sein könnte.
Dass derweil jede Menge „Problem-Männer“ entstehen, ist allerdings einigermaßen
nachvollziehbar. Tatsächlich könnte es sogar sein, dass viele der Probleme, die
man in Neukölln, Syrien und Israel mit dem Islam so hat, zu großen Teilen mit
dem schizophrenen Verhältnis der Geschlechter zu tun haben. Unterdrückte
Sexualität führt zu Frustration und Aggression. Erst recht, wenn sich auf dem Smartphone
oder gar vor der Haustür jeden Tag das radikale und wesentlich angenehmere
Gegenmodell begutachten lässt. Und irgendwo muss dieser Frust eben hin. Da ist
es gut, dass es Frauen und Minderheiten gibt, an denen man ihn auslassen kann.
Im Westen wird indes oft behauptet, junge Muslime seien vor
allem deshalb frustriert, weil „wir“ diese Menschen nicht mitspielen ließen. In
der Tat mag der junge Türke wütend werden, wenn es mit dem Aufstieg nicht auf
Anhieb klappt. Aber der Westen bietet ihm immerhin ein Füllhorn an
Möglichkeiten: vom Schulbesuch über den Bundes-Freiwilligendienst bis hin zum
Casting von „Deutschland sucht den Superstar“ – keine Station, zu der er keinen
Zugang hätte. Dem Mangel an freier Partnerwahl und sexueller Entfaltung
hingegen entkommt man nur schwer. Der nämlich wird durch die allgegenwärtige
„Ehre“ meterhoch umzäunt: der Einzelne zählt nichts, die Ehre dafür alles.
Diese Alternativlosigkeit kann man nur ertragen, oder vor ihr flüchten.
Vermutlich resultiert daraus auch das zweite Problem, an dem
der zeitgenössische Islam leidet: sein chronischer Mangel an Verantwortungsbewusstsein.
Denn Ehre und Eigenverantwortung haben in etwa so viel miteinander zu tun wie
Pierre Vogel und Harald Glööckler. Wenn nur zählt, was die Community denkt oder
denken könnte, dann kann es mit den eigenen Entscheidungen nicht so ganz
klappen. Und wenn immer jemand da ist, der fleißig unterdrückt – der Mann die
Frau, die Frau die Schwiegertochter -, muss man freilich auch nicht selbst über
das eigene Fortkommen nachdenken. Westliche Ideale wie zum Beispiel das Streben
nach Wohlstand verschwinden dann nicht etwa vom Radar – sie erschienen dort gar
nicht erst.
Stattdessen bietet es sich an, die Verantwortung einfach auszulagern:
an die USA, die Juden, die Schiiten, Sunniten und Aleviten, den eigenen
Diktator, den benachbarten Diktator, oder eben an die Frau mit dem Minirock. Die
Erde dreht sich weiter, die Armut wird bekämpft, der Westen prosperiert, Israel
mutiert zu einem zweiten Silicon Valley – und derweil sitzt der Islam schmollend
in der Ecke, verteidigt tapfer seine Ehre und gibt allen anderen die Schuld an
seinem Schicksal.
Auch deshalb ist es unbestritten, dass der Islam zu
Deutschland gehört. Nirgendwo sonst lässt sich die Verantwortung so einfach
abgegeben wie am Eingang des örtlichen Job-Centers. Von dort aus verschwindet
sie auf Nimmer-Wiedersehen im Orkus der Bürokratie und wird stattdessen durch
eine freundliche Sozialarbeiterin ersetzt, die in Sachen Islamophobie und
Diskriminierung auf dem neuesten Stand ist. Davon profitieren dann alle: die
Sozialarbeiterin, die Familienehre und Katrin Göring-Eckhardt.
Während alle anderen weiterhin auf den Tag warten müssen, an
dem der Islam endlich Tinder und ElitePartner in seine Reihen integriert.
Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.
Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.