Warum der Islam Tinder und ElitePartner braucht


Bei Frank Plasberg wurde neulich darüber spekuliert, ob der Islam ein Gewaltproblem hat. 75 Minuten später einigte man sich dann auf ein ausdrückliches „jein“. Denn natürlich ist es schwer zu beurteilen, inwiefern der Islam und seine vielen Doppelgänger tatsächlich unter der sie umgebenden Gewalt leiden - oder sie nicht womöglich doch vergleichsweise in Ordnung finden. Dabei wäre es eigentlich ziemlich egal, woran es dem Islam so fehlt, solange er nur eine Art Sadomaso-Club unter den Religionen wäre. Eine Einrichtung also, deren Angehörige sich in gegenseitigem Einvernehmen die Hölle heiß machen.

So allerdings existieren jede Menge anderer Gruppen, die tatsächlich ein Problem mit dem Islam haben, aber eben leider nicht mehr an einen Talk-Tisch passen. In der Islamischen Republik Iran leiden Frauen unter islamischer Rechtsprechung, die ein Vergewaltigungsopfer zum Tod durch den Strang verurteilen, wenn es sich gegen seinen Peiniger wehrt. Im Islamischen Staat hat man als „Ungläubiger“ oder als westlicher Journalist ebenfalls keine guten Karten (es sei denn, man sieht aus wie Jürgen Todenhöfer). Auch in Israel macht sich der Islam ab und an bemerkbar, etwa durch palästinensische Raketen im Vorgarten. In deutschen Vorgärten hingegen sieht man ihn zwar noch nicht - dafür zeigt er aber in Berlin-Neukölln oder Duisburg Marxloh schon recht zuverlässig sein freundliches Gesicht. Und in deutschen Flüchtlingsheimen lernt jeder den Islam hautnah kennen, sofern er über eine Bibel verfügt.

Die viel spannendere Frage wäre also nicht, ob der Islam ein Gewaltproblem hat, sondern was man unternehmen könnte, damit er anderen keine Probleme mehr bereitet. Aber bevor es soweit kommt, müssen erst einmal andere Dinge geklärt werden. Zum Beispiel diejenigen Dinge, die alle nichts mit dem Islam zu tun haben. Oder die Gefahren, die durch zu wenig Islam entstehen können. Denen möchte nun Katrin Göring-Eckhardt vorbeugen, und zwar durch mehr Islam-Unterricht. Immerhin leidet der Islam ja nicht nur an einem Gewaltproblem, sondern vor allem einem Verständnis-Problem.

Denn was sowohl den Terroristen als auch den Antänzer mit Migrationshintergrund eint, ist das Schicksal, den Islam mitsamt dem Koran nicht wirklich verstanden zu haben. Böse Zungen behaupten sogar, beide könnten gar keine Muslime sein. Schließlich seien Alkohol, Terror und Fehlstunden in der Moschee zutiefst unislamisch. Ein bisschen schade ist nur, dass es die betreffenden Problemgruppen eher selten zur Einsicht bewegt, wenn sie auf diese Weise von Lamya Kaddor und anderen Experten für nicht-islamische Angelegenheiten exkommuniziert werden.

Zwar ist es gut möglich, dass die Brüsseler Attentäter und die Antänzer von der Kölner Domplatte den Koran wirklich falsch interpretiert oder noch nie bis zum Ende durchgelesen haben. Aber der Islam ist eben nicht zwingend das, was im Koran steht. Der Islam ist vielmehr das, was seine Anhänger daraus machen.

Und dahingehend mutet die Bilanz aktuell nun mal nicht so umwerfend an. Der eine Teil seiner Anhängerschaft übt sich in professioneller Rosinenpickerei. Aus seinen Lehren nimmt er sich das raus, was das Leben schöner und angenehmer macht: Unterdrückung von Minderheiten, Drangsalierung von Frauen sowie Mord und Totschlag, sobald jemand einen lustigen Mohammed malt. Der andere Teil leidet darunter, oder es ist ihm schlichtweg gleichgültig. Für all die anstrengenden Dinge – Toleranz, Nächstenliebe und Debatte – ist der Islam offenkundig zu beschäftigt.

Parallel drängt sich der Verdacht auf, dass der Islam eigentlich ein ganz anderes Problem hat: nämlich eines mit Frauen. Zumindest kann es ja kein Zufall sein, dass einen Selbstmordattentäter im Paradies nicht etwa eine Villa mit attraktiver Ehefrau und Personal oder gar ein ganzer Porsche-Fuhrpark, sondern sage und schreibe 72 Jungfrauen erwarten. Auch sonst muss man sich fragen, was bei Männern schief läuft, die Frauen in Ganzkörpergewänder hüllen, weil sie sich sonst angeblich nicht am Riemen reißen können. Und abgesehen davon kann es auch gesellschaftlich nicht ganz gesund sein, wenn Familien ihren Lebensmittelpunkt zwischen die Beine ihrer Töchter verlagern.

Dass die beteiligten Frauen nichts dagegen unternehmen, liegt vor allem daran, dass jeglicher Protest lebensgefährlich sein könnte. Dass derweil jede Menge „Problem-Männer“ entstehen, ist allerdings einigermaßen nachvollziehbar. Tatsächlich könnte es sogar sein, dass viele der Probleme, die man in Neukölln, Syrien und Israel mit dem Islam so hat, zu großen Teilen mit dem schizophrenen Verhältnis der Geschlechter zu tun haben. Unterdrückte Sexualität führt zu Frustration und Aggression. Erst recht, wenn sich auf dem Smartphone oder gar vor der Haustür jeden Tag das radikale und wesentlich angenehmere Gegenmodell begutachten lässt. Und irgendwo muss dieser Frust eben hin. Da ist es gut, dass es Frauen und Minderheiten gibt, an denen man ihn auslassen kann.

Im Westen wird indes oft behauptet, junge Muslime seien vor allem deshalb frustriert, weil „wir“ diese Menschen nicht mitspielen ließen. In der Tat mag der junge Türke wütend werden, wenn es mit dem Aufstieg nicht auf Anhieb klappt. Aber der Westen bietet ihm immerhin ein Füllhorn an Möglichkeiten: vom Schulbesuch über den Bundes-Freiwilligendienst bis hin zum Casting von „Deutschland sucht den Superstar“ – keine Station, zu der er keinen Zugang hätte. Dem Mangel an freier Partnerwahl und sexueller Entfaltung hingegen entkommt man nur schwer. Der nämlich wird durch die allgegenwärtige „Ehre“ meterhoch umzäunt: der Einzelne zählt nichts, die Ehre dafür alles. Diese Alternativlosigkeit kann man nur ertragen, oder vor ihr flüchten.

Vermutlich resultiert daraus auch das zweite Problem, an dem der zeitgenössische Islam leidet: sein chronischer Mangel an Verantwortungsbewusstsein. Denn Ehre und Eigenverantwortung haben in etwa so viel miteinander zu tun wie Pierre Vogel und Harald Glööckler. Wenn nur zählt, was die Community denkt oder denken könnte, dann kann es mit den eigenen Entscheidungen nicht so ganz klappen. Und wenn immer jemand da ist, der fleißig unterdrückt – der Mann die Frau, die Frau die Schwiegertochter -, muss man freilich auch nicht selbst über das eigene Fortkommen nachdenken. Westliche Ideale wie zum Beispiel das Streben nach Wohlstand verschwinden dann nicht etwa vom Radar – sie erschienen dort gar nicht erst.

Stattdessen bietet es sich an, die Verantwortung einfach auszulagern: an die USA, die Juden, die Schiiten, Sunniten und Aleviten, den eigenen Diktator, den benachbarten Diktator, oder eben an die Frau mit dem Minirock. Die Erde dreht sich weiter, die Armut wird bekämpft, der Westen prosperiert, Israel mutiert zu einem zweiten Silicon Valley – und derweil sitzt der Islam schmollend in der Ecke, verteidigt tapfer seine Ehre und gibt allen anderen die Schuld an seinem Schicksal.

Auch deshalb ist es unbestritten, dass der Islam zu Deutschland gehört. Nirgendwo sonst lässt sich die Verantwortung so einfach abgegeben wie am Eingang des örtlichen Job-Centers. Von dort aus verschwindet sie auf Nimmer-Wiedersehen im Orkus der Bürokratie und wird stattdessen durch eine freundliche Sozialarbeiterin ersetzt, die in Sachen Islamophobie und Diskriminierung auf dem neuesten Stand ist. Davon profitieren dann alle: die Sozialarbeiterin, die Familienehre und Katrin Göring-Eckhardt.

Während alle anderen weiterhin auf den Tag warten müssen, an dem der Islam endlich Tinder und ElitePartner in seine Reihen integriert.


Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.
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Über die Evolution eines Gesetzesentwurfs

... oder auch: Warum Justizminister Heiko Maas nun sexistische Werbung bekämpfen möchte.

Immer mehr Menschen haben immer weniger zu tun. Das ist per se nicht schlimm, im Gegenteil. Tier- und Naturschutz etwa funktionieren nur in Gesellschaften, die sonst schon alles haben. Darüber hinaus eröffnet der Wohlstand noch weitere Optionen. Die einen suchen Erfüllung im Yogakurs, die anderen entspannen beim Widerstand gegen einen Bahnhof. Wieder andere entwickeln eine Mission. Sie fühlen sich geradezu dazu berufen, die Welt zu verändern – wenn es sein muss, auch auf Kosten Dritter.

Über viel Zeit verfügt auch die „Wutmutter“ Stevie Schmiedel aus Hamburg. 2012 erfuhr sie nationale Berühmtheit, nachdem sie einem sexistischen, da rosafarbenen Überraschungs-Ei nur für Mädchen den Kampf angesagt hatte und es letztlich erfolgreich in die Knie zwang.  Das Ei verschwand einstweilen aus den Supermärkten, Schmiedel trat indes in die Riege gefragter Gender-Experten ein. Eine durchaus günstige Symbiose, hatte die besorgte Mutti von der Elbe doch noch weitere Sorgen im Gepäck, deren Brisanz das Feuilleton bis dahin nur erahnen konnte. Dazu zählt beispielsweise die „Pinkifizierung“ der Kinderzimmer. Die Mädchenwelt sei immer rosa, die der Jungs hingegen blau. Für Mädchen sehe die Spielzeugmafia stets Puppen vor, für Jungs indes nur Autos und Bagger.

Unternehmerisch orientierte Mütter hätten diese unerträgliche Marktlücke möglicherweise genutzt und diverse Unisex-Kollektionen ins Leben gerufen. Stevie Schmiedel hingegen gründete "Pink Stinks", „eine junge Protestorganisation, die gegen Produkte, Werbe- und Medieninhalte agiert, die Kindern eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen“. Denn Schmiedel ist schließlich keine Unternehmerin, sondern promovierte Dozentin für Genderforschung. Und als solche kann sie selbstverständlich erwarten, dass die freie Wirtschaft das tut, was man am Gender-Lehrstuhl gründlich erforscht hat und für richtig hält.

Wider die Pinkifizierung! Stoppt Heidi!


Genderforschung wiederum, das muss man wissen, ist die Fortsetzung des Feminismus mit akademischen Mitteln. Seit der Feminismus im Westen aber alles erreicht hat, was es zu erreichen gab – das allgemeine Wahlrecht für Frauen etwa, oder die Gleichstellung vor dem Gesetz -, herrscht bei seinen Protagonisten Flaute. Natürlich könnten sie sich auch für das Recht auf einen Führerschein für Frauen in Saudiarabien einsetzen, oder gegen die Steinigung bei „Ehebruch“ im Iran. Aber davon hätten die deutschen Feministinnen ja nichts. Darum kümmern sie sich lieber um Dinge, die außer ihnen niemand braucht: Frauenquoten, Unisex-Toiletten, Gendersternchen und Shitstorms gegen alte weiße Männer.

Die Genderforschung sorgt dabei für steten Nachschub an „Gender-Gaps“ und  wissenschaftlich klingender Pamphleten über die Bedeutung des Binnen-Is. Couragierte Aktivistinnen erledigen darauf basierend die Pressearbeit und den Straßenkampf. Das Geheimnis der Genderwissenschaft besteht darin, dass frau sich umso ungerechter behandelt fühlt, je länger sie sich mit derlei Forschung auseinandersetzt.

Stevie Schmiedel von der Organisation „Pink Stinks“ hingegen hat beides: die wissenschaftliche Aura und das organisatorische Talent. Sie hat nicht nur das „Barbie Dreamhouse“ in Berlin in die Flucht geschlagen, sondern auch gegen „Germany’s next Topmodel“ mobil gemacht. Daneben organisiert sie Shitstorms gegen feindliche T-Shirts mit dem Aufdruck „In Mathe bin ich Deko“. Dank einiger Spenden tingelt der Verein zudem mit Theaterstücken „gegen Gender-Marketing“ durch deutsche Schulen. Ein ordentlicher Zuschuss vom Bundesfamilienministerium hingegen ermöglicht ein vergleichsweise prominent besetztes „Demokonzert gegen Körperhass und Sexismus“ anlässlich des Starts der aktuellen Topmodel-Staffel.

Werbung gefährdet Ihre Gesundheit und Ihr Gehalt


Dabei lag den nicht-pinken Aktivistinnen von Beginn an (2012) vor allem ein Thema am Herzen: ein Verbot von Sexismus in der Werbung.  Dafür wurde nicht nur ein Hashtag, sondern auch eine Petition erschaffen – Unterstützung durch diverse Mitglieder*innen des Bundestags inklusive. Immerhin spiele „geschlechtsdiskriminierende Werbung“ eine „aktive Rolle im Rahmen der Konstruktion und Verfestigung von Geschlechtsrollenstereotypen“.

Was die Organisation damit eigentlich meint, ist wohl Folgendes: Mädchen und Frauen werden nicht nur schlagartig magersüchtig, sobald sie ein schlankes Bikini-Model sehen. Auch Männer laufen Gefahr, einer Frau ein niedrigeres Gehalt zu zahlen, sofern sie auf dem Weg zur Arbeit ständig an einem Miele-Plakat vorbeilaufen, auf dem ausgerechnet ein weibliches Model eine Spülmaschine bewirbt und damit das „Heimchen am Herd“-Bild zementiert.

Nun ist in Deutschland bekanntlich vieles möglich. Doch den Geschlechtern vollumfänglich die Vernunft und den freien Willen abzusprechen, sie kollektiv zu trotteligen Mündeln zu deklarieren, die ihr Weltbild einzig aus der Werbung beziehen – das wäre selbst in Zeiten des #Aufschreis zu gewagt.  Aber in diesem Fall schadet ein bisschen Sexismus wohl nicht. Schließlich geht es ja um die gute Sache. Und um noch viel mehr, wie die folgende Prognose nahelegt:

"Eine gigantische Waren- und Medienindustrie verdient an der Sorge um den perfekten Körper und der perfekten Geschlechterrolle, die so geschürt wird. (…) Es besteht begründeter Verdacht, dass eine Veränderung der Geschlechtsrollenstereotype zu verändertem Konsumverhalten führt. 80 Prozent des Konsums der Waren und Dienstleistungen der westlichen Welt wird von Frauen getätigt. Wenn diese mehr Möglichkeiten bekommen, sich in vielfältigen Rollen wohl zu fühlen, könnte sich das Kaufverhalten verändern, da keiner „perfekten“ Rolle mehr nachgeeifert wird. Diese Zusammenhänge verstehen insbesondere Werbestrateg*innen. Insofern ist davon auszugehen, dass ihnen das aktuelle Geschlechterrollenbild sehr entgegenkommt."

Wahrlich, was wäre das für ein Schlag gegen das Schweinesystem! Mit der Werbung verschwände nicht nur das Mannequin, das Frauen falsche Ideale einimpft. Gleichsam würde auch die Antifalten-Industrie oder das Bikini-Gewerbe untergehen, die Frauen daran hindern, sich für eine von 127 weiteren Geschlechterrollen zu entscheiden. Denn schließlich ist „Pink Stinks“ nicht irgendein Verein, sondern "der Verein gegen die Pinkifizierung im neoliberalen Spätkapitalismus“. Und als solcher trägt er offenkundig eine Verantwortung dafür, dass nicht nur Geschlechterrollen, sondern auch gleich „das System“ an sich modifiziert wird. Ein System, wohlgemerkt, das sich hinterlistig im Unterbewusstsein unbescholtener Menschen breitmacht, dort sein Unwesen treibt und damit auch skrupellos Geld scheffelt. Ein Ungetüm, vor dem die Menschheit geschützt werden muss.

„Pink Stinks“ weiß viel besser, was Männlein und Weiblein gut tut


Natürlich könnte man einwenden, dass der Kapitalismus ein recht cleverer und sogar genderneutraler Mechanismus ist. Zwingen kann er niemanden, Freiwilligkeit ist seine Basis. Er produziert nur das, was nachgefragt wird. Er würde folglich auch davon absehen, eine weitere Antifalten-Creme anzubieten, sobald die Kundschaft beschließen würde, sich in der Geschlechterrolle der Queen von England wohlzufühlen. Aber der Kapitalismus hat eben nicht mit dem Verein „Pink Stinks“ gerechnet, der offenkundig besser weiß, was Männlein und Weiblein gut tut. Dabei wollen die Gender-Expertinnen freilich keinen „neuen Menschen“ mitsamt dazugehöriger Gesellschaft schaffen, in der nur das produziert wird, was eine Elite für notwendig hält – es sieht eben bloß ein wenig so aus.

So grenzt es sicherlich nur an Zufall, dass „Pink Stinks“ sich mit dem eigentlichen Anliegen vertrauensvoll an Vater Staat wendet:

„Geschlechtsdiskriminierende Werbung ist geeignet, Bestrebungen entgegenzuwirken, die in anderen Bereichen geleistet werden, um auf die tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter hinzuwirken. Sie gefährdet verfassungsrechtliche Ziele und ruft daher die Schutzpflicht des Staates aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG sowie seiner völkerrechtlichen Verpflichtung (CEDAW) auf den Plan.“

Und damit der Staat sich im Rahmen seiner Schutzpflicht nicht überstrapazieren muss, hat der Verein schon vorgesorgt. Seit 2014 ist auf der Website ein Gesetzestext hinterlegt (§ 7a UWG Diskriminierende Werbung), der sich mühelos in das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ einfügen ließe. Damit könnten sich Unternehmen bei Verdacht auf zu viel nackte Haut gegenseitig abmahnen. Gerichte wären mithilfe einstweiliger Verfügungen imstande, sexistische Werbung zu untersagen, so wie es bereits bei „Unzumutbaren Belästigungen“ (§ 7 UWG) der Fall ist.

Ein Justizminister mit Herz für alle Geschlechterrollen


Nur an einem Justizminister, dem die „Entfaltungsfreiheit von Menschen jeden Geschlechts“ gleichermaßen am Herzen liegt, hat es eben noch gefehlt. Bis jetzt. Dem aktuellen „Spiegel“ ist zu entnehmen, dass „Heiko Maas (SPD) mit einer Gesetzesänderung geschlechterdiskriminierende Werbung verbieten“ will. Und weiter: „Laut Spiegel soll der Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb bald in die Ressortabstimmung geschickt werden.“ Sinn der Sache sei auch, „ein modernes Geschlechterbild in der Gesellschaft zu formen“.

Denn mit dem „Formen“ kennen sich Heiko Maas und Stevie Schmiedel schließlich aus. So ein Gesetz formt bisweilen mehr, als Heidi Klum es je könnte. Und all den Zuschauern auf den billigen Plätzen, die das ganze Experiment bezahlen, sei gesagt: Selbst schuld, wenn ihr euch nicht modern genug benehmt!



Sexistisches Accessoire, das verfassungsrechtliche Ziele gefährdet (© J. N. Pyka)



Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.
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Vielfalt, Toleranz und Briefkastenphobie

Spüren Sie das auch? Diesen Elan und diesen Drive, der derzeit durch Deutschland weht? Die Kunde von den „Panama Papers“ ist kaum eine halbe Woche alt, schon ist der halbe Politikbetrieb auf Achse. Justizminister Heiko Maas fordert ein „Transparenzregister“, in dem Briefkastenfirmen ihre wahren Eigentümer offenlegen sollen. Sigmar Gabriel legt seinen alten Wahlkampfschlager aus dem Jahr 2013 wieder auf und beschwert sich über „diese Betrüger“, bei denen es sich um „die wahren Asozialen“ handele. Der Finanzminister hingegen möchte „diesen Ball aufnehmen und ihn weiterspielen“, während Sportskanone Sahra Wagenknecht lieber die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses prüfen will.

Vorbei sind die Zeiten, als ein paar Integrationsunfälle sich selbst und über 30 weitere Menschen in Brüssel in die Luft sprengten und daraufhin eine hitzige Debatte über Datenschutz entbrannte. Um den Schengenraum ging es da, den jeder Terrorist unbehelligt durchqueren kann. Um Informationsaustausch über Grenzen hinweg, was eigentlich mal als Voraussetzung für das Abholzen der Schlagbäume galt. "Datenschutz ist schön, aber in Krisenzeiten hat Sicherheit Vorrang“, bemerkte Thomas de Maizière damals - woraufhin die halbe Republik ins Hyperventilieren geriet. Aber das ist auch schon rund vierzehn Tage her. Heute kann sich der Innenminister mit diesem Motto wieder auf Mehrheiten verlassen. Denn Datenschutz ist wirklich schön, aber in Zeiten des Steuer-Überschusses hat „Transparenz“ eben Vorrang. Halb Molenbeek gefällt das.

Es bereitet immer wieder Freude, dabei zuzusehen, wie die Politik aufs Gaspedal tritt, sobald es um entgangenes Steuergeld geht. Was hätte man nur alles damit anstellen können! Man hätte es den Reichen genommen und den Armen, etwa Besitzern von Solaranlagen und Elektroautos, gegeben. Man hätte damit Gerechtigkeitslücken gestopft, Klüfte verringert und dabei auch gleich das eigene Fundament gestärkt. Nur ein umverteilender Politiker ist ein guter Politiker. Das mag vielleicht gierig klingen, ist es aber nicht. Denn Gier tritt nur bei Menschen mit Briefkastenhintergrund auf.

Da ist es fast schon schade, dass der IS und weitere Angehörige des terroristischen Gewerbes kein nennenswertes Briefkastenimperium in Panama unterhalten. Kaum auszudenken, was dann los wäre. Plötzlich hätten waschechte Kriegsverbrecher nicht nur eine Armada an Journalisten, sondern auch noch Sigmar Gabriel und Ralf Stegner am Hals, die mit der „vollen Härte des Gesetzes“ hantieren und Haftstrafen ohne jeglichen Bonus fordern würden. So allerdings bleibt es beim entspannten Enthaupten und Bomben basteln, ganz ohne Register und Untersuchungsausschuss.

Andererseits sollte man vielleicht auch keine allzu hohen Ansprüche stellen. Um den Paris-Drahtzieher Salah Abdeslam aufzuspüren, benötigten die belgischen Behörden vier Monate und Kommissar Zufall, der durch eine ungewöhnlich üppige Pizzabestellung in Erscheinung trat.  Kein Recherche-Konglomerat bot seine Hilfe an. Da ist es tröstlich, dass wir uns wenigstens mit 214.000 Offshore-Firmen leichter tun.

Immerhin geht es nun auch um das schreckliche Unrecht, das vielen Politikern an dieser Stelle widerfährt. „Wegen solcher Verbrecher können wir keine Schulen und Kindergärten bauen!" So klingt das Klagelied, das allerorts angestimmt wird. Und während Sahra Wagenknecht Claudia Roth ein Taschentuch reicht, trauern andere noch all den Straßen hinterher, die leider nicht entstehen konnten. Denn 20 Milliarden Euro Überschuss sind zwar schön, aber freilich nicht genug. Vor allem aber reichen sie wohl nur für unglamouröse Dinge. Für all die schönen Dinge des Lebens hingegen, eben Schulen und Kindergärten, bedarf es scheinbar immer desjenigen Geldes, das gerade irgendwo in Panama oder in der Schweiz herumliegt.

Derweil nähert man sich auch bei den Tagesthemen dem Rande des Nervenzusammenbruchs. Dort nämlich sorgt sich Monika Wagener in einem Kommentar um nichts Geringeres als den „Zustand des politischen Systems“: „Seit Jahren kann jeder sehen, wie die Schere zwischen Arm und Reich auch bei uns immer weiter auseinandergeht, und das hat auch mit Briefkastenfirmen wie in den Panamapapern zu tun.“ Da aber die Bundesregierung ihr zufolge selbst jetzt nur „erwartbar“ reagiert, scheint das politische System schon kurz vor dem Super-GAU zu stehen – zumindest vom ARD-Studio aus betrachtet. Was hingegen bis zu 500.000 unregistrierte Migranten über den Zustand dieses politischen Systems aussagen, erfahren wir dann hoffentlich in der nächsten Ausgabe der Tagesthemen.

Bis dahin wartet das Land gespannt auf jedes weitere Stückchen Panamapapier, das uns die zuständigen Journalisten mit Steuerfahnder-Aura servieren. Zwar ist noch nicht überliefert, inwiefern sich wie viele dieser Ganoven überhaupt strafbar gemacht haben. Aber das ist momentan auch nebensächlich. Mit der Unschuldsvermutung verhält es sich eben wie mit dem Datenschutz: Sie ist sicherlich ein nice-to-have, aber deshalb noch lange kein must-have.

Vielleicht täte es uns allerdings doch ganz gut, auf Steuersünder in etwa so wie auf alle anderen Problemgruppen auch zu reagieren. Das hieße: cool bleiben und Ruhe bewahren. So wie nach jedem Terroranschlag. Kurzschlussreaktionen helfen nur den „wahren Asozialen“. Stattdessen sollten wir uns auch einmal fragen, was wir selbst eigentlich falsch gemacht haben. Was haben wir diesen Menschen angetan, dass sie extra komplizierte Strukturen von den Kanalinseln bis nach Panama aufbauen? Haben wir ihr Geld schlecht behandelt? Oder haben wir sie womöglich zu hoch besteuert? Wäre es nicht besser, den Dialog zu suchen, anstatt durch harte Strafen eine weitere Radikalisierung zu riskieren?

Dabei muss man ja gar nicht so weit gehen, Steuerhinterziehern mit Beten und Liebe zu begegnen. Aber wenn Gelassenheit schon gegen den Terror hilft, dann nützt sie doch sicherlich auch ein wenig im Umgang mit Briefkasten-Experten.



Geheime Briefkastenfirmen in Muir Beach, Kalifornien (© J. N. Pyka)


 
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In eigener Sache: Kein Kommentar ist illegal

In letzter Zeit haben immer mehr Nachrichtenseiten ihre Kommentarspalten komplett oder themenabhängig geschlossen. Und in gewisser Weise kann ich das auch verstehen. Viele Menschen erkennen ihre Berufung darin, Diskussionen erfolgreich zu torpedieren und Oasen der Vernunft in intellektuelle Wüsten zu verwandeln. Andererseits zeugt es nicht gerade von Wertschätzung gegenüber dem einzelnen Leser, ihm kurzerhand das Sprachrohr aus der Hand zu nehmen, nur weil es im Internet viele Bruchpiloten gibt. Gerade Medien wie Spiegel Online sollten in der Lage sein, sich dahingehend eine sozialverträglichere Lösung zu überlegen, anstatt den Weg des geringsten Widerstands zu gehen.

Die Kommentarfunktion auf diesem Blog wurde schon vor etwas mehr als vier Jahren deaktiviert, weil mir es mir sowohl an Zeit als auch an Muse fehlte, um verbalen Amoklauf in eine zivilisierte Diskussion umzumoderieren. Nun allerdings, da die Schotten überall dicht sind, ergibt sich aus meiner Sicht ein guter Anlass, das zu ändern. Ab sofort sind Leserkommentare auf jeden Text hin wieder zugelassen. Das Hausrecht (potentiell justitiable Inhalte werden entfernt, ebenso wie jeder weitere Versuch, den Kommentarbereich in eine Freakshow zu verwandeln) gilt natürlich weiterhin, Kluges und Schönes ist indes sehr willkommen.
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