Der Judenbeauftragte von Cloppenburg



Cloppenburg hat keineswegs nur malerische Landschaften, die Bockwindmühle oder den legendären „Pfanni-Turm“ zu bieten. Nein, dort ruht auch das unheilbar gute Gewissen, und zwar in Gestalt des grünen Landtagskandidaten Ulf Dunkel. Wobei es streng genommen gar nicht wirklich ruht, sondern vielmehr tobt, und das schon seit ein paar Monaten. Denn Dunkel, das muss man wissen, will nicht nur am 20.1.2013 in den niedersächsischen Landtag einziehen, sondern auch Kinder vor dem „archaisch-religiösen Brauch“ der Beschneidung bewahren. Wenn der Familienvater nicht gerade gegen den Ausbau der E233 zur Autobahn ankämpft, gilt seine Aufmerksamkeit ganz und gar der „genitalen Selbstbestimmung“. Also der Abschaffung des „Schniedelbunds mit Gott“, wie Dunkel so schön sagt. Dass fremde Vorhäute ihn mittlerweile schon zu lyrischen „Leistungen“ inspirieren, war erst neulich nachzulesen. Sein Gedicht, worin er Juden und Muslime zu „Arschlöchern“ erklärte, sei angeblich Folge eines „Wutausbruchs“ gewesen - wobei man sich fragen muss, ob Zustände dieser Art bei Dunkel nicht schon chronischer Natur sein könnten.  

Denn „judentum-kritische“ Gedichte sind noch lange nicht das Einzige, das ihm zur Beschneidung einfällt. In seiner nicht zu knapp bemessenen Freizeit treibt er sich gern bei Facebook rum, wo er unter anderem einer illustren Anti-Beschneidungs-Gruppe vorsteht, die schon längst zum Treffpunkt für Geisterfahrer aller Art mutiert ist. Dort finden Antisemiten, Verschwörungspraktiker, Ken-Jebsen-Fans und bisweilen vorbestrafte Neo-Nazis zueinander, um gemeinsam für Menschenrechte und gegen „fanatische Eltern“ einzutreten. Um Synagogen zu schleichen und im Falle einer Beschneidung die Polizei zu alarmieren, ist nur eines von vielen Konzepten, die hier voller Eifer erarbeitet werden. Über alledem thront Dunkel selbst, ein großer Bewunderer der Grass’schen und Jebsen’schen Werke, der Israel übrigens gern als „Wüstenstaat“ bezeichnet. In seinem kleinen Facebook-Idyll kann er daher natürlich keinen Antisemitismus, sondern nur ein Herz für Kinder und reinsten Humanismus ausmachen.

Denn schließlich hat der Familienvater aus „unserer Geschichte gelernt“. Das behauptet er zumindest von sich selbst. Und dazu gehört laut Dunkel eben auch, sich „gegen die Sonderbehandlung von Juden in Deutschland zur Wehr“ zu setzen. Selbst die gute alte „Keule“, die er an jeder Ecke wittert, vermag es nicht, seinen Kampf gegen das „Sondergesetz für Juden“ zu stoppen. Irgendwann, so der Hobby-Lyriker, müsse doch „mal Schluss mit der Erbsünde“ sein, und weiter:  Aber die "deutsche Schuld" lässt sich ja so wunderbar dafür benutzen, jegliche Kritik aus Deutschland an der israelischen Politik oder jüdisch-religiösen Riten gleich im Keim zu ersticken.“

Umso tapferer muss Dunkel sich fühlen, wenn er, wie so oft, einer groß angelegten Verschwörung auf den Grund geht. „Welcher Pluto beeinflusst die derzeitige Bundesregierung, ihr Justizmysterium ein solch verfassungswidriges Sondergesetz entwerfen zu lassen? (…)Welche sind die Kräfte hinter der Politik, die gegen den gesunden Menschenverstand arbeiten und durch deren Bekanntwerden sich erst die Bahnen der Politik wirklich erklären ließen?“ orakelt es da aus Cloppenburg, wobei Dunkel natürlich schon einen Verdacht hat.  Denn dass Rabbiner Ehrenberg „alle Nicht-Juden für Affen hält“, davon ist der Grüne schon mal überzeugt. So fest, wie es die Thora-Fälscher damals waren. Könnte es dann nicht auch sein, dass Charlotte Knobloch „dem Gesetzgeber das Gesetz in die Feder diktiert hat?“ 

Nun: Ausschließen will er es nicht, der tapferste Judenbeauftragte, den die Grünen je hervorgebracht haben. Einer, der aus der Geschichte vor allem gelernt hat, dass man den  Juden nicht alles durchgehen lassen darf. Schon gar nicht „Sondergesetze“, „wetzende Messer“, „Keulen“ und ähnliche Vergnügungen, denen die Juden gemäß Dunkel’scher Theorie so nachgehen, wenn sie nicht gerade im Hintergrund die Fäden ziehen. Und letztlich gilt: Solange die Juden ihren Kindern „Leid zufügen“, sind sie ja auch nicht besser als Oma und Opa. So leistet die jüdische Vorhaut einen wichtigen Beitrag zur Cloppenburger Seelenhygiene. 

Insofern kann man den Grünen, die sich laut Programm entschieden vom Antisemitismus distanzieren, wirklich von ganzem Herzen zu ihrem Landtagskandidaten gratulieren. Nicht, dass die NPD ihn bis zur Wahl noch abwirbt.

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