Anscheins-Antifaschisten, globale Nationalisten und andere Pariser Karnevalisten

Bislang schienen die Positionen im allgemeinen französischen Wahlkampftrubel klar verteilt. Den schwarzen Gürtel in moralischer und intellektueller Erbärmlichkeit errangen sich diejenigen Linken, die eine Wahlempfehlung verweigerten: Anscheins-Antifaschisten, die stattdessen lieber über die furchtbare Wahl zwischen einer Rechtsradikalen und einer "Marionette des Finanzkapitals" jammerten. Wobei man der Vollständigkeit zuliebe erwähnen muss, dass linke und rechte Randlandschaften mittlerweile ohnehin kaum mehr zu unterscheiden sind; auch wenn Promi-Linke wie Katja Kipping das natürlich ganz anders sehen. Ihr zufolge würden die Rechten schließlich nach unten treten - gegen Ausländer, Homosexuelle, usw. -, während ihr eigener Club es ja ausschließlich mit "den Mächtigen" - Wallstreet, Konzerne, Banken - aufnähme.

Ein wenig blöd ist nur, dass der Kampf gegen "die da oben" schon längst nicht mehr ihr unique selling point ist. Marine Le Pen und ihre Freunde pflegen ebenso fürsorglich ihre Allergie gegen alles, was nach mehr Geld als üblich (und dementsprechend nach vermeintlich großen Gefahren für das geknechtete Volk) klingt. Generell gilt in ökonomischen Belangen: 100 von 100 Übereinstimmungspunkten für beide Lager. Und ebenso wie bei den Linken läuft auch bei den antikapitalistischen Darbietungen des rechten Rands stets zuverlässig antisemitische Hintergrundmusik. Soros hier, Rothschild dort, das Volk ganz unten und dringend auf Erlösung wartend. Womöglich sind Le-Pen-Rechte und Mélenchon-Linke aber auch Zwillinge, die bei der Geburt getrennt wurden und dabei bloß der Vielfalt wegen zwei Clubs anbieten, wo es ebenso ein einziger tun würde.


Nun allerdings, da mit Fakemeldungen angereicherte Korrespondenzen des Macron-Teams auf wundersame Weise bei den Transparenz-Freunden von Wikileaks landeten, könnte sich im Karneval der politischen Grenzgänger noch Einiges tun. Die einen berichten schon vom internationalen Waffenhandel Macrons, die anderen retten derweil noch die Ehre des russischen Militär-Geheimdienstes. Kann ja schließlich auch ein 400-Pfund-Typ auf seinem Bett gewesen sein, wie Donald Trump damals unter nahezu ähnlichen Bedinungen vermutete. Noch amüsanter ist eigentlich nur noch, dass diejenigen, die sich für "vollständige nationale Souveränität" stark machen, nichts dagegen haben, wenn amerikanische Alt-Right-Trolle, russische Hacker und ein Australier mit Wohnsitz in der Botschaft Ecuadors in London sich in ihren nationalen Wahlkampf einmischen. Aber vielleicht kann Marine Le Pen diesen Widerspruch beizeiten einmal auflösen. Am besten dann, wenn sie von der Oppositions-Bank aus ihren Kreml-Kredit abbezahlt.



 

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