Seien wir mal ehrlich: So ganz fair ist das ja nicht, was große Teile
 der politischen Landschaft sich derzeit mit ihrer Klientel erlauben. 
Völlig unverhohlen stellen sie den tendenziell linken Wähler vor eine 
kaum zu bewältigende Herausforderung: Was tun, wenn’s heuer an die 
Wahlurne geht? Soll der Wähler sich für höhere Steuern im Ökogewand, 
höhere Steuern à la SED, oder doch eher für 
höhere Steuern mit Anti-Clown, Kavallerie-Chef und Weinexperte 
Steinbrück entscheiden? Ganz zu schweigen von den unzähligen 
Anti-Reichen-Maßnahmen, die so im Angebot sind. Darf’s die grüne 
Vermögensabgabe oder lieber die linke Enteignung ab 40.000 Euro 
monatlich sein? Schwierig, schwierig.
Ein Glück allerdings, dass die Lage bei genauerer Betrachtung nicht 
ganz so aussichtslos ist, wie sie zunächst erscheint. Denn letztlich 
verspricht doch jede Maßnahme, jede Option und jede Steuererhöhung das 
Gute und Schöne: soziale Gerechtigkeit.
 Ein Zustand, der noch nicht einmal genauer definiert werden muss, um 
als attraktiv und dringend wählbar empfunden zu werden. „Sozial“ klingt 
ohnehin immer gut, „Gerechtigkeit“ auch, weshalb beides in der Summe 
erst recht jede Menge Solidarität, Geborgenheit und Heimeligkeit 
ausstrahlt. Mehr Gehalt für die Schwachen, mehr Unterstützung für die 
Schwächsten, mehr Kindergärten, mehr Toleranz, mehr Sonnenschein – so 
ungefähr.
Nun ist der Staat allerdings nicht der edle Gönner, den er für 
gewöhnlich gerne darstellt. Er bevorzugt es, Geschenke auf anderer Leute
 Kosten zu machen und betätigt sich daher als solidarischer Verwalter, 
der von den Reichen nimmt und den Armen gibt. Denn nur durch 
Umverteilung, so hört, liest und staunt man allerorts, könne etwa der 
unterbezahlten Friseuse aus Quedlinburg ein ordentliches Gehalt 
garantiert werden.
Gerne würde man vor allem die Steinbrücks, Trittins und Wagenknechts 
dann fragen, wie sie auf solch absurde Gedanken kommen. Denn wer glaubt,
 dass es den Ärmsten nur dann besser erginge, wenn die Reicheren ihr 
Gehalt mit ihnen teilen, setzt zwingendermaßen voraus, dass 
gesamtdeutsches Einkommen und Vermögen eine festgelegte Größe darstellt 
und daher endlich ist. So endlich wie ein Kuchen, von dem die Reichen 
mehr essen und so dafür sorgen, dass für die Ärmeren nichts mehr übrig 
bleibt. Demzufolge, so die etablierte Logik, würden die Reicheren nicht 
nur mehr Geld verdienen, sondern genau dieses Geld auch den 
Geringverdienern vorenthalten.
Offenbar haben die Freunde der gepflegten Umverteilung
 völlig übersehen, dass es in der Bundesrepublik noch so etwas wie 
Marktwirtschaft gibt. Sicher, eine soziale Marktwirtschaft inklusive 
staatlicher Eingriffe. Doch prinzipiell existieren Marktprozesse, 
Wettbewerb und Individuen mit Interessen nach wie vor. Sie sorgen dafür,
 dass Einkommen und Vermögen nicht an einer gewissen Marke enden, 
sondern weiter anwachsen können – zumindest, solange nicht weiterhin 
fleißig reguliert wird. Keine Spur also von Kuchen und ähnlichen 
Fantasien, die später zu Prämissen in Wahlprogrammen werden.
Insofern leuchtet es auch nicht ganz ein, dass Umverteilung 
konsequent als Patentrezept angepriesen wird. Sicher, derlei Ideen 
klingen simpel und sind in der Umsetzung weniger umständlich. Aber ginge
 es nicht auch, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass einfach alle, 
vom Hausmeister bis zum Manager, mehr verdienen, anstatt nur die Reichen
 ärmer zu machen? Und falls ja: Welche Partei müsste man dafür wählen?
Zuerst im Rahmen der Kolumne "Neues aus Meschuggestan" auf "The European" erschienen. 
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