Der Witz hat es hierzulande nicht leicht. Entweder ist er banal und
unlustig, oder er ist gut und verursacht beleidigte Mienen. Dann bedarf
es einer Witzkommission, die seine Existenzberechtigung prüft. So
ähnlich ergeht es auch dem heute in den Kinos anlaufenden Film "Heil". Die
Handlung spielt in einem ostdeutschen Kaff namens Prittnitz, wo drei
Neonazis einen afrodeutschen Buchautor kidnappen. Sie verpassen ihm
einen Schlag auf den Kopf, er verliert sein Gedächtnis und plappert
fortan alles nach, was man in Dörfern wie diesem eben so sagt. Daraus
erwächst eine Komödie über Menschen, die laut Regisseur Dietrich
Brüggemann »ihre eigene Satire generieren«.
"Heil" hat die immer gleiche Gretchenfrage mit im Gepäck: Darf man sich
über Neonazis lustig machen? Über sie spotten, während genau solche
Gestalten gerade Freital auf den Kopf stellen? Die Antwort lautet: Nein,
man darf nicht, man muss sogar. Und sei es auch nur, um den politischen
Witz von dem Generalverdacht zu befreien, stets Gefühle zu verletzen
oder sein Sujet zu verharmlosen. Denn beides könnte nicht falscher sein.
Natürlich sind national befreite Zonen im Osten und das
dazugehörige Gedankengut nicht unbedenklich. Auch sein Hang zur Gewalt
sichert dem Neonazi zu Recht die Aufmerksamkeit der Behörden. Aber muss
man Otto Normalnazi aus Brandenburg darum immer voller Ernst begegnen?
Ihn nur durch Reportagen in Szene setzen, in denen er mit Fackeln durch
irgendein Dorf stapft? Lieber nicht.
Denn das Geschäftsmodell des Neonazis besteht ja gerade darin,
möglichst bedrohlich zu wirken. Alles andere, etwa reeller politischer
Einfluss oder ein NPD-Ortsverein ohne V-Leute, ist nicht mehr drin.
Dafür hat der Kampf gegen Rechts seinen Job schlicht zu gut erledigt.
Übrig bleiben meist nur noch hitlergrüßende Witzfiguren in Opas
Wehrmachtsuniform. "Heil" zeigt eine solche, nämlich ideologisch
verblendete, banale und furchtbar armselige Lebensweise, die zu
jämmerlich ist, um sich nicht über sie lustig zu machen.
Heinrich
Heine hatte recht, als er schrieb: »Die Dummheit geht oft Hand in Hand
mit Bosheit.« Aber dazwischen passt immer noch ein Witz. Und der soll
das tun, wozu er da ist: das Banale in den Mittelpunkt rücken und so der
Bosheit die Geschäftsgrundlage entziehen.
Zuerst in der "Jüdischen Allgemeinen" (Print & Online) erschienen.
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