... mit Blick auf die Flüchtlingskrise sind alle gefragt. Auch Sie als
Justizminister leisten nun Ihren Beitrag. Unlängst haben Sie einen
Termin mit Mitarbeitern des sozialen Netzwerks Facebook vereinbart, um
sich mit ihnen im Kontext fremdenfeindlicher Angriffe auf
Flüchtlingsheime über rassistische Inhalte auf der Plattform zu
unterhalten. Denn Facebook, so besagen es die Gemeinschaftsstandards,
sei kein Ort für Hass. Daher bietet das Unternehmen eine Funktion,
mittels derer Mitglieder Hassbotschaften zur Überprüfung melden können.
Blöd ist nur, dass Facebook oft keinen Anlass sieht, derartige Inhalte
zu löschen.
Nun steht
Ihnen keine leichte Mission bevor. »Free Speech« ist den Amerikanern
heilig. Fraglich ist ebenfalls, wo die Grenze zwischen Hetze und
Ansichten, die eine Demokratie ertragen muss, verläuft. Und klar dürfte
auch sein, dass man Inhalte zwar auf Facebook löschen kann, nicht aber
in den Köpfen ihrer Verfasser.
Jedoch: Wer mit diesen Standards
wirbt und eine solche Funktion anbietet, muss auch liefern. Insofern,
Herr Maas, ist Ihr Schritt begrüßenswert. Nur hätten Sie ihn schon etwas
früher tätigen können. Im Sommer letzten Jahres etwa, während der
israelischen Militäroperation »Protective Edge«. Möglicherweise ist
Ihnen entgangen, dass bereits da von Gaskammern die Rede war –
allerdings nicht für Flüchtlinge, sondern für Juden und Israelis.
Während die »Kindermörder Israel«-Fraktion durch deutsche Städte
marschierte, kümmerten sich die Daheimgebliebenen darum, auf Facebook
allen Juden den Tod und der Hamas viel Erfolg zu wünschen. Unter dem
Motto »Free Palestine« entstanden Hunderte von Seiten, auf denen sich
Antisemiten und sogenannte Israelkritiker die Hand geben. Dazwischen
wechselten sich judenfeindliche Karikaturen mit Propagandavideos und
antisemitischen Stereotypen ab.
Auch sonst fühlen sich
Antisemiten auf Facebook pudelwohl. Sie sind immer zur Stelle, egal, ob
es um den Tod Ralph Giordanos oder Siedlungen nahe Jerusalem geht. Wenn
Sie einmal Zeit haben, dann versuchen Sie doch, solche Inhalte zu
melden. Sie werden nicht viel weiter kommen als jene, die erfolglos
Hetze gegen Flüchtlinge melden. Daher: Wenn Sie schon mal dort sind,
könnten Sie dieses Thema doch auch gleich ansprechen. Wie wäre das?
In gespannter Erwartung,
Ihre Jennifer N. Pyka
... und das sagt der Justizminister:
Zuerst am 03.09.2015 in der "Jüdischen Allgemeinen" (online & print) erschienen.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen