An dieser Stelle eine gesellschaftlich relevante Preisfrage: Wie
nennt man das eigentlich, wenn ein Moslem einer Frau nicht die Hand gibt, weil
sie eine Frau ist? Antifeministisch? Chauvinistisch? Sexistisch? Ausdruck von
gelebter Geschlechterapartheid? Alles falsch. Die richtige Antwort lautet: „zum
Teil Geschmackssache“. Zumindest lautet sie so, wenn man in demjenigen
Paralleluniversum unterwegs ist, das auch dem „Karriere SPIEGEL“ von Spiegel
Online Unterschlupf bietet. Dort widmet man sich nämlich heute exakt dieser
Frage, die jedoch einer „differenzierte Auseinandersetzung“ bedarf.
Darum wurde extra ein Islamwissenschaftler befragt,
demzufolge „Muslime in der Regel keine frauenfeindlichen Absichten haben, wenn
sie bei der Begrüßung Körperkontakt vermeiden“. Vielmehr „möchte man Angehörigen
des anderen Geschlechts keine Berührung aufdrängen, die er oder sie als
unangenehm empfinden könnte“, erklärt er. Klingt sogar einleuchtend. Und weil
man Angehörigen des weiblichen Geschlechts keine Blicke aufdrängen will, die
sie als unangenehm empfinden könnten, steckt man sie einfach in eine Burka. So
sieht gelebte Rücksichtnahme aus.Es kommt allerdings noch besser: Frauen werden durch den verweigerten Händedruck keineswegs benachteiligt, sondern sind sogar „im Vorteil“. Schließlich bleiben ihnen auf diese Weise diverse Krankheitserreger erspart. Ziemlich klasse also, diese „nicht frauenfeindliche“ Herangehensweise. Da können alte weiße Männer, die allen und jedem ihre bakteriell belasteten Pfoten aufdrängen wollen, wirklich noch was dazulernen. Wahre Gentlemen lassen sowas künftig sein.
Darüber hinaus, so erläutert das Karriereportal, sei ein
verweigerter Händedruck noch lange kein Kündigungsgrund. Sollte diese neue Form
des Gentlemanismus allerdings doch mal die ein oder andere Kundin irritieren,
so hilft es, sie darüber zu informieren, „dass das multikulturelle Beraterteam
zwar verschiedene Begrüßungsformen praktiziert, aber dass alle Kunden dennoch
gleichermaßen respektvoll behandelt werden“. Schließlich sei etwa in Japan auch
die Verbeugung üblich, in Frankreich wiederum dreifache bisous. Schade ist nur,
dass SpOn nicht erklärt, inwiefern die japanische Kultur und das französische „savoir
vivre“ so sauber zwischen Frauen (verstanden als Sünde, daher
ungleichberechtigt) und Männern (verstanden als triebgesteuerte Wesen) trennen,
wie der konservative Islam es für gewöhnlich tut. Woran liegt es, dass beispielsweise Iranerinnen
noch wesentlich gravierendere Probleme als den Händedruck haben, Französinnen
aber nicht? Egal. Auf derlei Kleinigkeiten kommt es nicht an, wenn der Händedruck
mit Apartheid-Hintergrund in die heiligen Sphären der kulturellen Vielfalt
befördert wird.
Das einzige Manko dieses in der Tat sehr informativen
Artikels besteht darin, dass die Redaktion vergessen hat, zusätzlich noch das
Team „Feminismus Fuck Yeah“ (auch bekannt aus dem Grimme-prämierten
Twitterstreifen „#aufschrei“) zu befragen. Das sind diejenigen Feministinnen,
die es ihren Vorgängerinnen übelnehmen, das Wesentliche (nämlich Gleichstellung
vor dem Gesetz) erreicht zu haben. Darum kümmern sie sich heute nicht um
gleiche Rechte in anderen Teilen der Erde, sondern um Sonderrechte und quotierte
Ergebnisgleichheit in und um Berlin. Und wenn sie damit fertig sind, verarbeiten
sie auf Twitter ihr Trauma, das sie sich im Umkreis einer Baustelle oder beim „mansplaining“
an der Bar zugezogen haben. Frau muss schließlich Prioritäten setzen. Darüber hinaus wissen Expertinnen wie Anne Wizorek und ihre Freundinnen aus der #ausnahmslos-Liga auch ganz genau, wo man angewandten Sexismus antrifft: häufig mit Rainer Brüderle an der Bar sowie auf dem Oktoberfest, jedoch vergleichsweise selten auf der Kölner Domplatte, in Saudiarabien und im Iran. Daher könnten die Femininjas von heute dem geneigten Karriere-Interessenten sicherlich ganz genau erklären, warum so ein verweigerter Händedruck nicht etwa sexistisch, sondern vielmehr eine Errungenschaft des „Islamischen Feminismus“ ist. Mein Bauch gehört mir, meine Hand auch.
Aber vielleicht wird das Karriereportal diese O-Ton-Lücke ja
beim nächsten Ratgeber über interkulturelle Kompetenzen schließen. Bei der
Gelegenheit könnte auch eine andere Frage geklärt werden: Wie nennt man das,
wenn ein weißer Mann mit „White Supremacy“-Hintergrund einem Moslem nicht die
Hand gibt, nur weil dieser ein Moslem ist? Rassistisch? Aber nein. „Zum Teil
Geschmackssache“ natürlich, wenn nicht gar islamophil, weil Muslime dadurch
gesundheitliche Vorteile haben. Zumindest, wenn man der Logik von Spiegel
Online folgt.
Das feministische Original. Nicht mit dem Feminismus von heute zu verwechseln. |
Besagter Digitalfeminismus, mit dem vor allem medialerseits als sakrosankt suggerierten, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auch implizite kolportierten Multikulturalismus unverkennbar vermittelt, vermag dem mehr oder weniger konsequent existierten Islam eben per se nicht schlüssig zu begegnen. Im Falle entsprechender, an sich sonach beleidigender wie entwertender Zugriffe auf die weibliche Seinsstruktur bliebe ihm ja letztlich nur die Akklimatisierung derartigen Verhaltens. Der Trugfeminismus unserer Tage spürt das. Schweigend. So jämmerlich beredt. - Schuldig.
AntwortenLöschenEin sehr treffender Artikel, danke!
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