Putins Welt und Le Pens Visionen

Vergangenen Freitag in Moskau: Marine Le Pen, Präsidentschaftskandidatin des sozial-nationalistischen Front National, trifft auf ihr Idol Vladimir Putin. Zwar sitzt sie (noch) nicht im Élysée Palast, aber die "kulturellen, ökonomischen und strategischen Beziehungen" zwischen Frankreich und Russland, an denen Le Pen so gelegen ist, können ja wirklich jede helfende Hand gebrauchen. Sanktionen aufheben, gemeinsam den Terror bekämpfen und dann noch Afrika retten - Madame hat große Pläne, Vladimir Putin gefällt das. Er habe natürlich nicht vor, die laufenden Wahlkampf-Entwicklungen auch nur im Ansatz zu beeinflussen, versichert der russische Präsident. Und vermutlich hat er anschließend noch gemeinsam mit Le Pen nach Lösungen gesucht, um all den tragischen Unfällen russischer Dissidenten und Journalisten künftig effektiver vorzubeugen.

"Es ist die Welt von Vladimir Putin, die Welt von Donald Trump in den USA und von Herrn Modi in Indien. Und ich glaube, ich bin wahrscheinlich diejenige, die mit diesen großen Nationen eine gemeinsame Vision teilt. Eine Vision der Zusammenarbeit, nicht der Unterwerfung", verrät Le Pen anschließend gegenüber Journalisten. Und natürlich hat sie recht. Mit den Visionen ist es zwar noch kompliziert, aber die Zusammenarbeit mit russischen Banken zwecks Wahlkampf-Finanzierung klappt bekanntlich schon mal super.

Szenenwechsel.

Gestern in Russland: Von Sibirien über Moskau bis nach Sankt Petersburg gehen mehrere zehntausend Menschen auf die Straßen, um u.a. gegen den Krieg und die überbordende Korruption zu demonstrieren. Zu viele, um sie allesamt einzusperren. Zu viele, um einfach tatenlos daneben zu stehen. Hunderte werfen verhaftet, darunter Aleksei Navalny, und das Bild des Tages zeigt eine Frau, die von fünf tapferen Polizisten in voller Montur von dannen getragen wird. Bestimmt eine CIA-Agentin mit Maidan-Soros-Hintergrund. Zumindest würde RT das wohl behaupten, wenn die russischen Staatsmedien denn überhaupt darüber berichteten - was sie natürlich nicht tun, um die Bevölkerung nicht zu "verunsichern".


Putins Welt hat aber noch viel mehr zu bieten. Hie und da werden störende Anwälte, Aktivisten, Politiker und Journalisten mal erschossen (wie jüngst in Kiew), mal vergiftet, mal fallen sie einfach so aus dem Fenster. Auch Grenzen kennt man in Putins Reich nicht. Man übertritt und verschiebt sie lieber gewaltsam, beispielsweise in der Ukraine. Und wenn dann noch Zeit bleibt, bombt man Teile Syriens ohne Rücksicht auf Zivilisten in Grund und Boden. Besonders schön an Putins Welt: Anders als auf Seiten der westlichen Demokratien herrschen im russischen Krieg keine Regeln. Kollateralschäden weitgehend vermeiden, sie in jedem Fall untersuchen und darüber Rechenschaft ablegen? Wie umständlich. In Marine Le Pens Träumen und Putins Realität herrscht das Recht des Stärkeren, ohne dafür national oder international Verantwortung tragen zu müssen.

Donald Trumps Welt ist gerade mal 67 Tage jung und findet bislang noch überwiegend auf Twitter statt. Mit Putin in einem Atemzug genannt zu werden, ist in diesen ehemals durch Ronald Reagan geprägten Sphären jedenfalls nichts, was man empört von sich weisen würde. Ohnehin seien die USA ja nicht viel besser als Russland, meint der neu gewählte POTUS.

Über Putins Welt ist dagegen Einiges bekannt. Es steht Marine Le Pen natürlich frei, in diese Welt einzutauchen. Aber das muss ja nicht unbedingt von Amts wegen sein.
 

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