Ein i,Slamistisches Gedicht für Manuela Schwesig

 

Manuela Schwesig und die jungen i,Slamisten – von Poesie gegen Israel und Dichtern im Dienste der Demokratie

Schon länger spekuliert man hierzulande gern und leidenschaftlich darüber, ob der Islam zu Deutschland gehört. Dabei ist die Frage völlig überflüssig. Es wäre höchstens interessant, zu wissen, ob der Islam zu Deutschland gehören will. Davon abgesehen ist er aber längst angekommen und besetzt emsig jede sich auftuende Nische. In Berlin ereignet sich jedes Jahr die Islam-Konferenz. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, findet in jeder zweiten Talk-Show statt. Und während in Baden-Württemberg staatlich geförderte Initiativen dafür Sorge tragen, dass Muslime mehr Sport treiben, existiert im Rest des Landes kaum ein Tausend-Seelen-Ort, in dem noch kein Dialog der Religionen geführt wurde.

In Sachen Eventmanagement & PR ist der Islam folglich ein Multitalent. Eines seiner schönsten Projekte ist dabei schon vor ein paar Jahren entstanden und ebenfalls in Berlin beheimatet. Es nennt sich „i, Slam“ und steht für einen Poetry Slam, der exklusiv auf islamische Bedürfnisse zugeschnitten ist. Schließlich habe es an einer Plattform gefehlt, wo junge Muslime in erster Linie mit „ihrer muslimischen Identität“ auftreten können, wie die Gründer des Projekts betonen. Und weiter:

„Ziel ist es, jungen und talentierten Muslimen eine Chance zum Texten zu ermöglichen. Grundsätzlich wollen sie sich nicht von anderen Gruppen abheben, kritisieren jedoch Poetry-Slams in Bars. „Viele andere Slammer haben sexistische und blasphemische Beiträge. Wir wollen nicht auf diese Weise artikulieren“, erklärte Mitorganisatorin Furat Abdulle.“

Nachdem der haram-Slam allerdings auch sonst zu sündhaft ist, wird bei den i,Slamisten freilich kein Alkohol ausgeschenkt. Im Gegensatz zum Poetry Slam für Normalsterbliche winkt dem glücklichen Sieger folglich kein Freibier, sondern „eine Kaaba-Miniatur und Wasser des heiligen Brunnens Zamzam in Mekka, abgefüllt in PET-Flaschen“.

Wie Manuela Schwesig und die i,Slamisten Demokratie leben

Eine famose Idee also, die dringend Schule machen sollte. So oder so ähnlich scheint es auch Familienministerin Manuela Schwesig ergangen zu sein, als sie zum ersten Mal von den i,Slamisten Wind bekam. Denn nun gibt es nicht nur den „i,Slam“, sondern auch den „i,Slam Kunstwettbewerb für sozial- und gesellschaftskritische Kunst“. Und zwar mit freundlicher Unterstützung des Bundesfamilienministeriums, das an dieser Stelle durch die staatliche Initiative „Demokratie leben“ als Mäzen auftritt. „Demokratie leben“ wiederum ist ein Programm des Familienministeriums, das „die Zivilgesellschaft im Kampf gegen demokratiefeindliche und menschenverachtende Tendenzen in unserem Land stark machen“ will.

Familienministerin Schwesig jedenfalls, die als Schirmherrin des Wettbewerbs wirkt, ist schon jetzt ganz aus dem Häuschen: „Mit Kunst kann auf Missstände und Probleme in unserer Gesellschaft hingewiesen werden. Gleichzeitig kann Kunst dabei helfen, Brücken zu schlagen und Vorurteile abzubauen. Mit Kunst etwas bewegen – das ist das Ziel von i,Slam. Mitmachen lohnt sich, denn der Wettbewerb gibt euch eine Stimme. Als Schirmherrin freue ich mich auf eure Beiträge.“

Über die „gesellschaftskritischen“ Einsendungen ist bislang zwar noch nichts bekannt. Ein Blick auf die vergangenen Gedichte, die es zu „i,Slam“ schafften, rechtfertigt die Schwesig’sche Vorfreude allerdings durchaus. Mal geht es um Diskriminierung, mal um Islamophobie, mal um das Kopftuch, und manchmal sogar um Diskriminierung durch islamophobe Mitmenschen, die das Kopftuch nicht so klasse finden.

Worum es dagegen nicht geht, ist Kritik an Göttern jeglicher Art, vor allem aber dem eigenen. „Wir wollen keine Kraftausdrücke oder Beleidigungen“, so die „fünfte Säule des i,Slam“. „Der Respekt vor den Religionen muss gewahrt werden“, betonen die Gründer. Aus diesem Grund beschäftigt „i,Slam“ auch einen „theologischen Berater“, der dafür Sorge trägt, dass bloß keine Blasphemie auf die Bühne gelangt. Denn im Gegensatz zu konventionellen Poetry Slams werden die Beiträge bei „i,Slam“ schon vorab von den Initiatoren gelesen und auf Spuren von Gotteslästerung überprüft.

Wer Teil von etwas sein will, sollte nicht ständig das Trennende betonen

Nun ist es freilich überaus legitim, die eigene Bühne „sauber“ halten zu wollen. Auch gegen das Ansinnen, dort Zeichen gegen Islamophobie zu produzieren, ist nichts einzuwenden. Genauso wenig wie gegen die Absicht, unter sich bleiben zu wollen und die eigene Gruppenzugehörigkeit demonstrativ zu betonen. Bloß sollte man sich eben nicht wundern, wenn das nicht-muslimische Umfeld sich ein wenig schwer tut, eben diese Gruppenzugehörigkeit im täglichen Miteinander auszublenden. Wer Teil von etwas sein will, sollte nicht ständig das Trennende betonen – es sei denn, er möchte doch getrennt leben.

Ansonsten existiert in der Bundesrepublik weder ein Gesetz noch eine Religion, die zur Beleidigung von Göttern verpflichten. Gleichzeitig ruiniert Blasphemie in säkularen Gesellschaften eben nicht die eigene Existenz. Freiheit bedeutet, sich freiwillig zur Schonung von Göttern zu verabreden, ohne anderen dasselbe übelzunehmen. Wenn sich aber junge Muslime auf ein striktes Blasphemie-Verbot einigen, während aufgrund von Mohammed-Karikaturen Botschaften brennen und französische Karikaturisten im Namen Gottes sterben müssen, dann wird es mit dem Label „Demokratie leben“ etwas schwierig.

Von derlei Kleinigkeiten abgesehen sind die i,Slamisten allerdings perfekt integriert. „Der i,Slam soll ein sauberer Slam sein“, sagen sie. Es sei denn, es geht um Juden. Dann darf es ruhig auch mal ein wenig schmutzig werden. Oder eben auf „Missstände hingewiesen“ werden, wie Manuela Schwesig so schön sagt. Und einer dieser Missstände befindet sich bekanntlich zwischen Mittelmeer und Jordan. Von „dreckigen Zionisten“ war etwa bei einem Poesie-Abend in Braunschweig die Rede, wo auch der i,Slam-Mitarbeiter Ilhan Hancer den durchaus geistreichen Vergleich prägte: „Was ist der Unterschied zwischen Juden und Muslimen? Die Juden haben es hinter sich.“

Die i,Slamisten beleidigen niemanden – nur bei Juden machen sie eine Ausnahme

Da also mit den Zionisten wirklich keine Brücken zu bauen sind, wurde anlässlich des Gazakriegs im Sommer 2014 gleich ein neues Format begründet: ein sogenannter „street slam“ nämlich, also spontane Poesie auf offener Straße, der unter dem Motto „Dein Wort gegen das Unrecht!" in mehreren deutschen Städten inszeniert wurde. Um das Leid in Gaza ging es, um die zionistischen Schandtaten und weitere Aspekte, die die PR-Abteilung der Hamas sicherlich dankbar zur Kenntnis nähme, wenn sie darum wüsste.

Bei der Gelegenheit ganz vorne dabei: die deutsch-palästinensische Dichterin Faten El-Dabbas, die nicht nur den Islamischen Staat mit Israel gleichsetzt, sondern vielmehr den IS als Produkt des Mossads enttarnt hat. Seit 2012 gehört sie zum Kern von i,Slam. Wenn sie nicht gerade die Berliner Mauer mit der in Israel vergleicht, spricht sie über das vermeintlich vergessene Drama der Nakba, trifft sich mit dem hauptberuflichen Israelkritiker Martin LeJeune oder trägt ihre Gedichte bei SPD und Grünen vor. In den Genuss eines ihrer Meisterwerke kam man etwa im November 2014 im Berliner Willy Brandt Haus. Um ihren Trip nach „Palästina“ drehte es sich, besonders aber darum: „Ich plane Reise für Reise bis ich deine Befreiung erreiche!" Ein eleganter Euphemismus für den Wunsch, die Juden ins Meer zu treiben. Und weiter:

„bitte schenk meiner Hoffnung Raum, schenk meiner Hoffnung Raum,
so viel Raum
dass Grenzen verwischt werden
und sich Mauern in Luft auflösen
Siedlungen in Luft auflösen
Soldaten in Luft auflösen
Panzer in Luft auflösen
F16-Raketen in Luft auflösen!
Bis die Unmenschlichkeit nicht mehr hinter Mauern hallt, sondern in sich zerfällt,
weil dein Henker dein Todesurteil nicht mehr fällt.
Weil es dann einen Richter gibt, der über deinen Henker richtet,
weil es dann Gerechtigkeit gibt, die den Plan deines Henkers vernichtet.
Weil es dann nichts mehr gibt,
was meiner
Rückkehr für immer im Weg steht“

Fürwahr, auf diese Weise werden gleich jede Menge Vorurteile abgebaut. Vor allem aber das Gerücht, wonach Deutschland ein islamophober Staat sei. Natürlich ist es den jungen Poesie-Talenten unbenommen, den Wunsch nach der Zerstörung Israels in Versform zu verpacken. Aber dafür auch noch Steuergeld zu investieren, und zwar im Rahmen einer Initiative, die jeglichen „Ideologien der Ungleichwertigkeit“ entgegentreten will – diese Gabe beansprucht Deutschland ganz für sich allein. Offenkundig gehört eben nicht nur der Islam, sondern auch seine charmante Version der in Deutschland populären Israelkritik dazu.

Darauf ein Glas heiliges Mekka-Wasser!

Viele potentielle i,Slamisten bei der Arbeit (Pro Gaza Demonstration in München, Juli 2014 - © J. N. Pyka)


Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.

1 Kommentar:

  1. Ich sitze selbst in einem Begleitausschuss, der über die Mittel von Demokratie Leben entscheidet. Was da an Geldern einfach "rausgehauen" wird, meist im imaginären Kampf gegen Rechts ist kaum zu glauben. Einer meiner Einwände betreffend einer m.E. linksextremen Veranstaltung wurde abgebügelt mit den Worten "der ist nur linksradikal - nicht extrem". Deshalb wundert mich soetwas kaum.

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