Wahnkranke und solche, die es werden wollen

Die Bundesrepublik atmet auf. Sie hat gerade noch Glück gehabt. Denn fast sah es so aus, als hätte sich das Land zum ersten Mal seit siebzig Jahren wieder ein Antisemitismus-Problem eingehandelt. „Jude Jude feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein“ hieß es zum Beispiel in Berlin, „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ in einigen anderen Städten, wo derzeit vor allem Besitzer eines Migrationshintergrunds auf der Straße für ein freies Palästina kämpfen.

Das ging anscheinend zu weit. Denn anders als bei Zionisten versteht das Land, das sich in puncto Antisemitismus-Bekämpfung einen Namen gemacht hat, bei Juden keinen Spaß. Darum gibt es jetzt in der Hauptstadt der Nie-Wieder-Nation eine Auflage, wonach das Herauskommen von Juden in genau dieser Satzkonstellation bei Demonstrationen nicht mehr gefordert werden darf.

Und ein paar Straßen weiter sind sich Thomas de Maizière, Frank-Walter Steinmeier, Joachim Gauck und auch Angela Merkel einig: Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz.

Damit wurde das Antisemitismus-Problem in letzter Sekunde bravourös beseitigt. Ab sofort möge der Mob also differenzieren und darauf achten, nicht mehr die Vergasung hiesiger Juden, sondern nur noch die Vernichtung von Juden mit einem eigenen Staat zu fordern. Kippa-Träger können wieder entspannt auf die Straße gehen, solange sie ihrem Angreifer noch rechtzeitig mitteilen, wie sie es mit dem Judenstaat halten.

Dazu passen Statements wie die des Antisemitismus-Forschers Wolfgang Benz, der zwar antiisraelische Demonstration ausgemacht haben will, die Rede von „antisemitischen Ausschreitungen“ aber für „übertrieben“ hält. Warum es weltweit noch nie antinorwegische, antinordkoreanische und antisudanesische Ausschreitungen gab, hat er in 30 Jahren aktiver Forschung leider nicht herausgefunden.

Die Bekenntnisse aus Berlin und die Auflagen der Polizei sind zweifellos gut gemeint und noch besser gegen das schlechte Gewissen geeignet. Gleichzeitig verfügen sie über die Schlagkraft einer Feuerwehr, die bei einem Hausbrand nur das Feuer im Dachgeschoss löscht und das brennende Gebäude anschließend sich selbst überlässt.

Denn wenn es sich bei den seit zwei Wochen stattfindenden Demos um Friedensprojekte oder eine „Zusammenrottung erlebnisorientierter Jugendlicher“  (Islamwissenschaftler Hannes Bode) handelt, dann besteht auch kein Unterschied zwischen einem Kindergeburtstag und einer Pädophilenparty.
Was derzeit auf europäischen Straßen passiert,  sind groß angelegte Treffen von Wahnkranken und solchen, die es werden wollen. Die überwiegende Mehrheit von ihnen geht professionell schwanger mit der Vorstellung, Opfer einer jüdischen, pardon, zionistischen Weltverschwörung zu sein.

Und die funktioniert so: Die Zionisten kontrollieren die Medien, weshalb auch nie über die Toten in Gaza (außer auf CNN, ARD, BBC, Al Jazeera und Co.), sondern ausschließlich negativ über Muslime berichtet wird. Sie haben die Macht über das Geld, darum haben die 99%-Palästinenser-Freunde keines. Daneben dirigieren sie US-Unternehmen wie Coca Cola und McDonalds, weshalb man ersteres boykottiert und letzteres in Nürnberg stürmte. Und wenn die Zionisten dann noch Zeit haben, diktieren sie nicht nur die Politik der USA und Deutschlands, sondern schüren auch Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten, um derweil unbemerkt den Völkermord in Gaza zu vollenden.

Wer all das erfahren will, muss nicht interdisziplinäre Antisemitismus-Forschung studiert haben. Es reicht, eine der sich exponentiell vermehrenden Facebook-Plattformen* zu besuchen, wo der Wahn Prinzip ist. Die Palästinenser-Freunde hängen an ihrer Obsession wie der Junkie an der Nadel. Wenn gerade keine Demo stattfindet, planen sie voller Eifer die nächste. Man sammelt Spenden für Gaza, bemalt Banknoten mit „Free Palestine“-Sprüchen, bejubelt jeden toten IDF-Soldaten, verbreitet antisemitische Karikaturen und Bilder, auf die der Herausgeber des Stürmers neidisch gewesen wäre und beweint das Scheitern der Endlösung vor knapp siebzig Jahren, deren Vollendung nun angestrebt wird. Ob der Mob bei der Gelegenheit zwischen Israelis in Berlin und Juden mit deutschem Pass differenzieren würde, bleibt abzuwarten.

Das Resultat dieses Wahns lässt sich anschließend auf jeder Demo begutachten. Auf Plakaten und in Sprechchören präsentieren die Teilnehmer zuverlässig alle Klassiker, die der angewandte Antisemitismus seit über 2000 Jahren hervorgebracht hat. Ob Ritualmordlegende (Kindermörder Israel) oder jüdische Medienkontrolle (bedrohte Journalisten) – für jeden ist etwas dabei. Und da die jüngsten Aktivisten noch Windeln tragen, wird bei der Gelegenheit auch gleich für frühkindliche Bildung gesorgt. Wer es wagt, dagegen Einwände vorzutragen, gilt als Zionist, zumindest aber als im Sinne der Zionisten handelnd. Social Media - Imame haben Hochkonjunktur. Für Lippenbekenntnisse aus Berlin interessieren sie sich in der Regel weniger.

Dass Wahn, Kollektivismus und Propaganda mühelos in physische Gewalt umschlagen können, hält Deutschland hingegen für unwahrscheinlich. Zum einen, da die Täter keine Springerstiefel tragen und für die neuen Juden gehalten werden. Zum anderen, weil der aufrichtige Deutsche sich mehr um sein Grundrecht auf Israelkritik sorgt, als er sich an „Jude, Jude feiges Schwein“ stört. 

Gegen ein „befreites“ Palästina hätte er zudem nicht viel einzuwenden. Derlei antisemitische Parolen gingen gar nicht, aber was Israel in Gaza praktiziere, sei wirklich nicht zu akzeptieren – so der Grundton, der Facebook und Leserbriefe dominiert. Jürgen Todenhöfer, Ulrike Putz, Jakob Augstein und traditioneller Nahost-Desinformation sei Dank.

Stattdessen glaubt man lieber an einen als legitim eingestuften „Hass auf Israel“, der ab und an auf Juden umschlage.

Betriebsunfälle können schließlich überall passieren. In Wirklichkeit ist es umgekehrt. Das Argument, wonach die Demonstranten ob des Schicksals ihrer palästinensischen Glaubensbrüder eben aufgebracht wären, ist ebenso hinfällig. Denn das Morden in Syrien und im Irak treibt die Umma nicht einmal bis zur Haustür. Trotzdem ist es bequemer, randalierenden Fanatikern keine, Israel hingegen die gesamte Verantwortung zuzugestehen.

Auch das Gerücht von den „friedlichen“ Demos erweist sich als ebenso beliebt wie wenig überzeugend. Sie werden lediglich als „friedlich“ etikettiert, solange es nur Verletzte, fliegende Steine und bedrohte Israel-Befürworter, aber keine Toten gibt. Die Eskalation als solche ist eine israelische Erfindung. Auf deutschem Boden findet sie dagegen nicht statt. Hier existieren nur „Pro Palästina Demos“ mit partiell auftretenden „antisemitischen Ausfällen“.

Man dürfe nicht von wenigen Störenfrieden auf alle Partygäste schließen, deren Anliegen als edel eingestuft wird. Dass die Partys a priori antisemitisch konzipiert sind, da sie Israel mindestens das Recht auf Selbstverteidigung absprechen und Hamas-Kritik niemals auf dem Programm steht, ist eine Tatsache, die man zuverlässig leugnet.

Es hat gute Gründe, weshalb geschlossene Anstalten nicht von ihren Insassen, sondern von Gesunden geführt werden. Gegen Wahnkrankheiten helfen zwar weder Auflagen noch Gesetze. Allerdings könnte man sich abgewöhnen, die Patienten zur Nutzung des Rechts des Stärkeren einzuladen. Die Polizei dagegen hält es für eine brillante Strategie, den Mob mit Steinen, Hamas-Flaggen und Polizei-Lautsprechern spielen zu lassen, um ihn so langfristig zu beruhigen.

Vater Staat sorgt zwar für alles Gute, von der Unisex-Toilette in Kreuzberg bis hin zur Mütterrente. Nur bei der Verteidigung seines Gewaltmonopols und seiner Verfassung hapert es ein wenig. Ob sich diese Haltung auch bewährt, sobald es um „zionistische Einrichtungen“ wie koschere Metzgereien und Synagogen geht, wird sich noch zeigen.


* Digitale Spielplätze für erlebnisorientierte Jugendliche (Auswahl):
https://www.facebook.com/Killuminati.for.Wakeup
https://www.facebook.com/pages/FREE-PALESTINE/1636922599866612
https://www.facebook.com/officialfreegaza
https://www.facebook.com/FreePalaestinaBerlin


Zuerst auf der Achse des Guten erschienen.

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